Dr. Jürgen Kuhlmey zum Atakama-Marathon (04.10.2007)

Dr. Jürgen Kuhlmey hat mir (fb) den folgenden Bericht zum Atakama-Marathon per E-Mail zugeschickt:

Schon als Student fuhr ich mit dem Bus von Santiago de Chile gen Norden durch die unendliche Wüste Atakama. Es war für mich damals außerhalb jeglicher Vorstellung, dort einmal einen Marathon zu laufen! Jedoch www.Andesadventures.com machte es im Rahmen eines Etappenlaufes durch die schönsten Teile Südamerikas möglich.
Die Anreise ging über Miami, Buenos Aires zunächst nach Salta im Norden Argentiniens. Dort begann der Etappenlauf zunächst mit einer aufregenden Wildwassertour auf dem eiskalten Juramento. Selbstverständlich mussten wir die Bergstrecke von ca. 14 km in noch angenehmen ca.800m Höhe selber zurück laufen. Die nächste Übung bestand dann schon aus einem Lauf durch eine eindrucksvolle Felsschlucht über 16 km in ca. 2.400 m Höhe. Ein anschliessender Tal-Lauf von 3.400m hinab auf 2.400m Höhe über die halbe Marathon-Distanz sollte als Vorbereitung für den Wüsten-Marathon reichen. Mit einem modernen Reisebus waren wir inzwischen u. a . auf dem Altiplano, eine Hochebene in ca. 3500 m Höhe, die sich von Argentinien über Bolivien bis nach Peru hinzieht, sowie einem Pass fast in der Höhe des Mont Blanc nach San Pedro de Atakama in Chile gefahren. Die Wüste  liegt zwischen den Anden und dem Pazifik, ist ca. 1000 km lang und ist der trockenste Platz auf Erden  mit Mond- oder Mars-ähnlichen Verhältnissen. 
Auf einem Rundkurs sollten 48 km durch die heiße Wüste  Atakama (ca. 2500 m Höhe) mit Verpflegungsstationen alle 10 km gelaufen werden. Zum Glück war auf der südlichen Halbkugel der Erde z. Zt. Frühling und in den Morgenstunden noch erträgliche  Temperaturen. Das frühe Aufstehen war uns daher nur recht. Mit dem Bus und einer fotokopierten Handzeichnung fuhren wir hinaus in die Wüste, die hier z. T. aus Felsmassiven besteht. Nach dem Start durch das „Tal des Todes“ war es noch von der Nacht her angenehm kühl und die leichten Steigungen kein Problem. Der steile Anstieg durch eine Felsschlucht mit einem anschließenden langen Tunnel waren faszinierend. Jedoch die erste Verpflegungsstelle kam laut GPS und der benötigten Zeit etwas früh, ebenso die nächsten, was mich stutzig machte. Weiter ging es durch eine langgezogene Steinwüste und danach durch einen kostenpflichtigen Nationalpark. Das „Tal des Mondes“ machte durch seine grauen und eintönigen Sanddünen einen beängstigenden Eindruck. Bei der letzten Verpflegungsstelle  und 32 GPS-km sollten es nur noch 4,5 km bis zum Ziel sein. So beschlossen meine Begleiter Melissa,  Paul und ich, nach dem Ziel noch bis San Pedro weiter zu laufen. Jedoch kam es anders! Irgendeine Abzweigung war schlecht markiert und statt ins Ziel zu laufen liefen wir in die Irre. Zunächst kein Problem, obwohl die Sonne immer aufdringlicher wurde. Ohne die bisherigen Markierungen liefen wir durch Felsformationen immer höher, bis wir in der Ferne zum Glück eine Strasse sahen.
Gegenseitig stimmten wir uns immer wieder über den möglichen Pfad ab, ebenso über unsere langsam zur Neigung gehenden Wasservorräte. Bei GPS-km 40,5 und mit beginnender Dehydrierung und ausgetrocknetem Mund erreichten wir schließlich die Wüstenstrasse. Bei GPS-km 42,2 stoppten wir die Zeit. Dann gingen wir vorwiegend unter Verbrauch unserer letzen Wasservorräte auf dieser Strasse, die uns zum Glück nach San Pedro führte. Wie wir später erfuhren, wurde die kritische Stelle für die nachfolgenden Läufer nachgebessert. Jedoch waren dann die anderen Läufer nur 36 km gelaufen und nicht wie erwartet, einen Marathon oder Ultra – schade für die anderen und Glück für uns. 
Weiter ging es dann mit Landrovern durch den noch weitgehend unberührten Süden Boliviens  vorbei an der Laguna verde(grün), blanca(weiss) und colorada(rot), die ihre Farbe Mineralien oder Bakterien verdanken und von verschiedenen Arten von Flamingos bevölkert waren. Die Lagunen, ebenso wie der Vulkan Lincangabur(5.930m) an der Grenze zwischen Chile und Bolivien war mir bereits durch eine Bergtour mit dem Alpenverein bekannt.
Grandioser Abschluss des ersten Teiles dieses Etappenlaufes durch Südamerika bildete ein Lauf bei eiskalten Temperaturen um die Koralleninsel Incahuasi mit über 10 m hohen Kakteen, die z. T. über1200 Jahre alt waren, in dem Salzsee „Salar de Uyuni“ in 3760 m Höhe. Der Salzsee war vor 40 Millionen Jahren als Teil eines gigantischen Sees aus der Urzeit entstanden und durch einen fehlenden Abfluss ausgetrocknet. Es ist der größte Salzsee der Welt und insgesamt ca. 160 km lang (Stefan Schlett brauchte vor Jahren 2 Tage, um ihn zu durchlaufen – alle Achtung in dieser Höhe!)
Der zweite Teil dieses Etappenlaufes sollte uns dann in den nördlichen Teil Boliviens und Perus führen mit Höhepunkt eines Marathons am Titicaca-See. Darüber wird ein Bericht mit Bildern im nächsten Quartalsheft des 100MC erscheinen.

Dr. Jürgen Kuhlmey