10. Standard Chartered Kuala Lumpur Marathon 2018

Wenn ich Standard Chartered lese so hat es diese Bank tatsächlich fertiggebracht, dass ich mit diesem Namen bisher ausschließlich Positives assoziiere. Wie kommt das? Die Bank ist Hauptsponsor einer Reihe von Läufen, wie zum Beispiel dem Marathon in Hong Kong, Dubai, Singapore und Taipeh. Da ich bereits in Singapore und Taipei teilgnahm  hatte ich dieses Mal die Erwartung, dass es eine gute Organisation des Ablaufes geben sollte. Ich wurde nicht enttäuscht. 

Im Vorfeld hatte ich nicht mehr damit gerechnet einen Startplatz zu bekommen. Allerdings wurde ich nach meiner Anfrage beim Veranstalter auf die elektronische Option „Start BIB Transfer“ hingewiesen. Dies ist ein auf der Homepage des Kuala Lumpur Marathons eingerichtete Startnummernbörse. Die Regularien wer welche Startnummer unter welchen Voraussetzungen anbieten und erweben kann waren dort umfangreich beschrieben. Für mich kam nur die Kategorie „Open“ oder „Veteran“ in Frage. Ich hatte dann Glück denn viele Angebote für diese beiden Kategorien, in denen ausländischer Läuferinnen klassifiziert wurden, gab es nicht. Die Anfrage bei einem Läufer welcher seine Startnummer anbot lief über die Homepage. Daraufhin erhielt ich eine Mail von einem Läufer aus Indien und wir wurden uns über den Preis für den Transfer einig. Danach erhielt ich von ihm einen Code mit welchem ich, ebenfalls über die Homepage des Veranstalters, die Ummeldung auf meinen Namen vornehmen konnte. Angesichts dessen, dass ich mich erst Mitte März für eine Teilnahme interessiert hatte und der Marathon bereits seit Januar ausgebucht war, eine geniale Möglichkeit ohne großen Aufwand doch noch einen Startplatz erhalten zu können.

Die Marathonmesse hatte bereits am Freitag geöffnet. Also blieb noch genügend Zeit für eine Stadtbesichtigung. Die beste Möglichkeit Kuala Lumpur zu besichtigen ist, mit einem Ticket für den „KL Hop ON - Hop OFF“ –  Bus zu erkunden. Der Bus fährt im 20-30 Minuten Takt an 365 Tage im Jahr und steuert 23 Stationen an womit 70 interessante Plätze zu besichtigen sind und man kann nach Belieben ein- und aussteigen. Verfügbar ist auch ein 48-Stunden-Ticket mit welchem die Sightseeing-Tour auf zwei Tage ausgedehnt werden kann. 

Interessante Gebäude habe ich schon viele gesehen. Jedoch sind die Petronas-Towers mit 452 Metern Höhe schon etwas Besonderes. Darin gibt es im zweiten Stock, wo sich unzählige Imbissrestaurants befinden, auch die Möglichkeit, sehr preiswert zu essen.

Der Start sollte früh am Morgen 04:00 Uhr erfolgen. Das Hotel viel zu zeitig verlassend ging es dann mit dem Taxi sehr schnell und schon 02:00 Uhr war ich vor Ort des Geschehens, dem Dataran Merdeka, zugkeich Start- und Zielareal. Dies ist ein Platz im Herzen Kuala Lumpurs und bedeutet so viel wie „Platz der Unabhängigkeit“. Dort wurde am 31. August 1957 zum ersten Mal um Mitternacht die malaiische Flagge gehisst. Denn 1957 erlangte die Förderation Malaya, damals bestehend aus den neun malaiischen Sultanaten sowie Penang und Malakka, ihre Unabhängigkeit. 1963 wurde dann eine neue Föderation unter dem Namen Malaysia gegründet, welche die Förderation Malaya, die britische Kronkolonie Singapur sowie die Protektorate Nordborneo (heute Sabah) und Sarawak umfasste.

Wenn man bedenkt, dass Kuala Lumpur erst im Jahr 1857 von Bergleuten, welche damals nach Zinn suchten und zu dieser Zeit noch mitten im Urwald liegend, gegründet und erschlossen wurde, so ist das Ergebnis nach etwas über 150 Jahren schon sehr beachtlich.  

Um 02:00 Uhr war im Startareal noch nicht viel los. Einige Läufer schienen dort bereits auf einer großen Wiese übernachtet zu haben. Zu sehen war, wie sich eine unüberschaubar große Anzahl an jungen Freiwilligen, die meisten hatten ein T-Shirt mit der Aufschrift „Volunteers“ an, nach und nach in Gruppen aufstellten und dann auf den Weg zu den unterschiedlichen Verpflegungsstationen entlang der Strecke machten. So gegen 03:00 Uhr kamen immer mehr LäuferInnen zum Dataran Merdeka. Zeit, den Kleiderbeutel abzugeben. Das funktionierte auch sehr schnell und ohne Hektik.

Kurz vor dem Start wurde dann die Nationalhymne gespielt. Die Stimmung war sehr gut. Zum 10. Jubiläum wurden dann nach Startschuss Abertausende von Papierschnipsel in die Luft geschossen. 

Singapore liegt ca. 150 Kilometer vom Äquator entfernt. Kuala Lumpur hat da nicht viel mehr Distanz. Es sind ungefähr 300 Kilometer und damit ist schon viel über die klimatischen Bedingungen gesagt. 

Nach dem Start setzte sich das Teilnehmerfeld von 10.100 LäuferInnen in Bewegung. Auf allen Teilstrecken waren insgesamt 38.000 am Start. So wie in Singapore bereits, war der Start und die Route gerade auch der Halbmarathon und 10-Kilometer Teilnehmenden jedoch so gestaltet, dass die meisten Marathonläufer bei ca. 26 auf eine regelrechte „Wand“ von diesen die kürzeren Strecken bevorzugenden LäuferInnen, von denen dann schon viele, eher einer Prozession gleichend, ihre Kilometer bis ins Ziel gehend zurücklegten, trafen. Das Überholen war beschwerlich. 

Die Bank wirbt dabei mit dem Motto „We help you – Go the Distance“. Dieses „Go“ wird bei den Veranstaltungen jedoch von vielen TeilnehmerInnen sehr wörtlich genommen. So war in Kuala Lumpur das Zeitlimit auch bei 7:15 h. Der Marathon war, nicht nur wegen der Temperatur, sondern auch da auf der Gesamtstrecke ca. 300 Höhenmeter zu überwinden waren, also kein Lauf für „Bestzeiten“. Und was die Zeit angeht, so habe ich bei einem Marathon erstmals gesehen, wie LäuferInnen am Straßenrand kniend ihr islamisches Gebet abhielten. Der Veranstalter hatte schon im Vorfeld in der Ausschreibung die Stellen, an denen sich entlang der Strecke Möglichkeiten zum Gebet befanden, extra markiert. Diese Information gab es dann auch auf großen Schildern mit dem Namen „Surau“, was für islamisch-religiöses Versammlungsgebäude steht. Für mich ein Grund nachzudenken wie wertvoll Zeit ist und mich zu fragen, welchen Sinn es machen soll eben 10 Minuten schneller im Ziel zu sein und dafür vielleicht Augenblicke der Introspektion zu verpassen. 

Auf der Strecke war alles perfekt organisiert. Jede Menge Wasserstellen und dennoch, dass ich so viel trinken konnte wie ich wollte, hatte ich immer Durst. Nach dem Halbmarathon gab es dann auch an mehrere Stellen Bananen und Gels sowie ein kühlendes Spray welches wohl auch schmerzlindernde Wirkung haben soll. 

Leider führte die Strecke nicht an den Petronas-Towers vorbei. Ein sehr schöner Marathon. Die Medaille ist einzigartig kreativ. Und auch die Ergebnisse waren mittels einer eigenen App schon bald nach dem Lauf abrufbar. Ich habe gestaunt, denn schon 3 bis 4 Stunden nach dem Lauf waren dort Bilder von mir, welche während des Laufes angefertigt wurden, verfügbar. Die App hat die Firma MYLAPS, welche auch die Zeitnehmung z.B. für Boston, Chicago, Berlin und Rotterdam durchführt, entwickelt. 

Einen Tag nach dem Marathon sah ich dann noch auf Facebook ein Video in welchem der Empfang der letzten TeilnehmerInnen, welche noch Sekunden vor den 7:15 h ins Ziel kamen, dokumentiert wurde. Der Veranstalter hatte also wirklich alles durchdacht. Eben nicht nur den TopläuferInnen, sondern auch den Langsameren, welche meines Erachtens einen großen Teil unter der unbarmherzigen Sonne und damit unter besonder schweren Bedingungen zurücklegten, die Ehre zu geben. Der Veranstalter schreibt dazu: „For the first time, the last runner to cross the finishing line within the cut-off time of 7 hours and 15 minutes was celebrated in style with fanfare and confetti acknowledging and honouring the sheer will-power it takes to complete 42.195km.“