Haben Sie sich schon angemeldet? Nein, heute geht es nicht um "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS). Ich möchte Sie auf einen anderen Wettbewerb aufmerksam machen: den Ditzinger Lebenslauf. So verschieden DSDS und der Lebenslauf auch sein mögen, beide Male ist der Erfolg von der Unterstützung der Zuschauer abhängig. Denn mitzumachen kostet Kraft, Energie und Disziplin. Als Botschafter von Menschen mit Mukoviszidose habe ich diese Eigenschaften bei vielen Betroffenen beobachten können. Eine so große Kraftanstrengung braucht Unterstützung. Ich bitte Sie daher: laufen Sie mit oder unterstützen Sie unsere Läufer! Menschen mit Mukoviszidose brauchen Ihre Hilfe und Ihre Aufmerksamkeit.
Morgen (Sonntag 27.04.2008) startet der Ditzinger Lebenslauf. Der Schirmherr der Veranstaltung, Marco Schreyl, moderiert am Vorabend die Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" - in der er Parallelen zum Lauf entdeckt.
(Aus einem Artikel im Strohgäu Extra vom 26.04.2008).

Ein großer Zufall hat Marco Schreyl dazu gebracht, sich als Pate für den Mukoviszidoseverein zu engagieren.
Der Intendant des ZDF, Markus Schächter, sitzt im Deutschen Kuratorium Mukoviszidose. Vor drei Jahren, als Schreyl noch beim ZDF war und dort „Hallo Deutschland“ moderierte, hat er sich in einer Kuratoriumssitzung bereiterklärt, einen Moderator für die Benefizgala des Vereins zu suchen.
In einem Interview der Stuttgarter Zeitung äußerte sich der 34-jährige wie folgt:
„Ich wurde per E-Mail dazu angestoßen, dass ich das bitte machen wollen möge. Ich muss ehrlich sagen, dass ich von Mukoviszidose davor noch nichts gehört hatte. Kurzum: ich habe die Veranstaltung moderiert, habe nette Menschen kennengelernt und bin mit einer Krankheit konfrontiert worden, die mich sehr berührt hat. Ich fuhr damals nach Hause und wusste, dass ich etwas gefunden habe, was mich interessieren könnte. Und die Jungs und Mädels vom Mukoviszidoseverein auf der anderen Seite haben sich wohl gedacht, wir haben da einen gefunden, der uns guttun könnte.
Als Moderator eines Boulevardmagazins ist man irgendwann abgebrüht. Irgendwann hatte ich jede Krankheit kennengelernt, auch bei Kindern. Ich habe gemerkt, dass mich das zwar noch berührt, aber eben immer weniger. Und dann plötzlich über Mukoviszidose zu berichten und zu wissen, da steht eine 18-Jährige vor mir, die gerade ihr Abitur macht und sich fragt, ob das sinnvoll ist, weil das Leben vielleicht ziemlich zeitig zu Ende ist, das war neu für mich. Ich sage immer, der Mukoviszidosekranke kann nichts für sein Schicksal, es passiert einfach. Mit Mukoviszidose kommt man auf die Welt. Deswegen sollen alle davon wissen, und es sollen alle, die die Möglichkeit haben, sich bemühen, die Krankheit zu bekämpfen.“

Mukoviszidose (CF) ist die häufigste, angeborene und unheilbare Stoffwechselerkrankung in Mitteleuropa. Zäher Schleim verstopft die Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm. Die Kinder leiden an Fieberschüben, Husten, chronischer Lungenentzündung und Atemnot. Sie benötigen täglich eine intensive Physiotherapie, Atemgymnastik, Inhalation und müssen ständig Medikamente zur Bekämpfung von Infektionen einnehmen. Mit intensiver Betreuung ist eine Lebenserwartung von über 30 Jahren möglich.

2008 feiert der Lebenslauf sein 10 jähriges Jubiläum. Es ist eine offene Jogging- und Walkingveranstaltung, bei der es nicht darauf ankommt, besonders schnell zu sein, sondern möglichst viele gesponsorte Kilometer für den Mukoviszidose Verein zu laufen. Vor dem ersten Start findet für die erst wenigen bereits anwesenden Läufer eine Andacht statt. Um 8:30 Uhr fällt der erste Startschuss. Im Stadtpark von Ditzingen kann man auf einem zwei Kilometer (alternativ 3,5 km) langen Rundkurs seine Runden drehen. Die Rundenanzahl ist beliebig. Die erste Runde wird gemeinsam auf der 2 km Runde hinter dem Banner des Mukoviszidose Vereins gelaufen.

Ab der zweiten Runde baue ich immer die 1,5 km Zusatzschleife ein. Diese hat zwar eine kleine Steigung, aber anschließend zieht sich die Strecke leicht fallend über mehrere hundert Meter, was mit zunehmender Dauer sehr angenehm ist. Die Strecke verläuft größten Teils auf Asphalt, aber es gibt auch einige Abschnitte auf sehr weichem, mit Rindenmulch aufgeschüttetem, Boden, die mehr Kraft kosten. Auf der ersten dieser Passagen entlang der Glems sind einige von 18 Schildern, die Zehntklässler des Gymnasiums in der Glemsaue als Willkommensgruß für die Teilnehmer entlang der Strecke aufgehängt haben.

Man kann hier als Einzelstarter teilnehmen oder als Gruppe. Für die Läufer mit den am Ende meisten Kilometern gibt es als Preise Eintrittskarten oder Gutscheine zu diversen Veranstaltungen. Am Morgen ist es noch frisch, allerdings nur im Schatten, denn die Sonne heizt bei wolkenlosem Himmel doch schnell auf. Mit höher steigender Sonne gibt es bald keinen Schatten mehr, dafür geht ab und zu ein leichter kühlender Wind.

Was mich an diesem Lauf aber vor allem aufmuntert ist das ständig wechselnde Teilnehmerfeld. Man wird hier nicht nach hinten durchgereicht, wie bei so vielen Marathonläufen, sondern ist immer mitten drin im Geschehen. Mit über 3700 Teilnehmern kann der Lebenslauf in diesem Jahr einen neuen Rekord verbuchen. Im Zielbereich gibt es ein paar Zuschauer, auch immer wieder andere, und zu Beginn jeder Runde fällt der Blick auf diejenigen, die sich mit weniger Runden begnügt haben, als ich es vorhabe. Jeder eben, wie er es mag.  

„schönste Mädchen“, gut, dieser Spruch ist etwas übertrieben, dennoch gibt es auch ab und zu etwas für’s Auge des männlichen Läufers, wobei tatsächlich „Mädchen“ die passende Bezeichnung ist, für die meist noch jungen weiblichen Teilnehmer, die man aber auch neben der Strecke, z.B. bei der Massage findet oder an den Kontrollstellen. Die gelaufenen Kilometer werden dadurch festgehalten, dass an drei Punkten neutrale, grüne und rote Gummiringe um den Arm gestreift werden. Das erledigen an diesen Kontrollpunkten immer mehrere Helfer, von denen ich mir die nettesten als Anlaufpunkt heraussuche.

Trotz zunehmender Temperaturen, die irgendwann über die 20°C Marke geklettert sind, läuft es für mich hervorragend und mein Minimalziel, die Marathondistanz zu bewältigen, ist bald in greifbarer Nähe. Als ich bereits 34 Kilometer in den Beinen habe, begleitet mich Alexander, den ich im Lauftreff kennen gelernt hatte, für einige Runden. Er hatte ja vor gut einem Jahr in Paris sein erfolgreiches Marathondebüt, fiel danach aber in ein Loch, welches ihm reichlich überflüssige Pfunde einbrachte und er fängt erst langsam wieder an mit regelmäßigem Lauftraining. Auch Eberhard, ein Arbeitskollege, ist hierher gekommen mit netter Damenbegleitung.

Bei vielen Marathonläufen werden die Läufer durch Musikgruppen entlang der Strecke unterhalten. Warum nicht hier, mache ich mir Gedanken. Bei den kurzen Runden würden ja eine- oder zwei Bands genügen. Ok, am Start spielen Bands und alle 30 Minuten erfolgt ein neuer Start, aber dieser liegt ein paar Meter abseits der Laufrunde, so dass wir auf unseren Runden davon nichts haben. Doch plötzlich taucht nach 3 ½ Stunden eine größere Musikkapelle an der Strecke auf. Warum nicht gleich so, frage ich mich. Doch so schnell sie gekommen war, so schnell war sie auch wieder weg, denn in der nächsten oder spätestens übernächsten Runde war sie nicht mehr da.

Unterwegs gibt es eine Getränkestation mit stillem und kohlensäurehaltigem Wasser und am Ziel ein großes Verpflegungszelt, durch das wir am Ende jeder Runde laufen. So ist für mehr als ausreichende Erfrischung gesorgt. Nachdem ich die Marathondistanz hinter mich gebracht habe, mache ich nun immer häufiger auch Gehpausen, denn mein letzter Ultralauf liegt schon viele Jahre zurück. Dennoch bin ich überrascht, dass es auch jenseits dieser Marke noch einigermaßen läuft und ich nicht total kaputt bin.
Das Auto hatte ich nahe an der Strecke geparkt und so gönne ich mir auch mal eine kurze Pause, um mich dort noch mal dick mit Sonnencreme einzuschmieren, denn längere Sonneneinstrahlung verträgt meine Haut nicht, reagiert immer sehr schnell mit Sonnenbrand.

Später wechsle ich ab. Mal eine Runde gehen, um neue Kräfte zu mobilisieren, dann die nächste wieder laufen. Ultra Urgestein Gerhard Bracht hatte ich am Mittwoch im Rosensteinpark getroffen, er wolle auch in Ditzingen laufen, sei regelmäßiger Teilnehmer dort, erzählte er mir kurz und tatsächlich sah ich ihn schnellen Schritts eingangs meiner dritten Runde. Ganz offensichtlich war er erst später gestartet. Anschließend sehe ich ihn nicht mehr, auch später nicht, trotz meiner jetzt längeren Gehpausen. Hat er schon aufgehört? Ich rechne schon lange nicht mehr mit ihm, als er nach über fünf Stunden meiner Laufzeit plötzlich an mir vorbeikommt. Richtig weg kommt er aber nicht und so treffen wir uns im Folgenden häufiger. Er liegt hinter meiner Kilometerleistung und Läufer, die beim ersten Start mit mir auf die Strecke gingen, sehe ich jetzt keine mehr, zumindest nicht diejenigen, an deren Aussehen ich mich noch erinnern kann. Das ist Ansporn für mich, bis zum Ende durchzuhalten und vielleicht tatsächlich derjenige zu sein, mit den meisten Kilometern.

Nach über sieben Stunden würde mein nächster Zieldurchlauf bei exakt 65 km sein und so beende ich dann dort einen Wettbewerb, bei dem eigentlich nie Langeweile aufkam, nach 7:18:05. Leider überlief mich aber wenige hundert Meter zuvor ein Läufer in lockerer Gangart, der auch schon mit mir in der 8:30 Uhr Gruppe gestartet war und mich schon einmal überrundet hatte. Dennoch, mit meiner Leistung müsste ich weit vorne liegen, denn gewertet wird hier nicht die Zeit, sondern die gelaufenen Kilometer. Leider erfolgt die Auswertung nicht unmittelbar nach dem Lauf, sondern erst ein paar Tage später. Die Preisträger werden dann schriftlich benachrichtigt. Ich hoffe nur, dass da nicht welche geschummelt haben und Gummiringe von anderen Läufern übernommen haben. Wäre schade, aber die Veranstaltung ist eben nicht als Wettkampf zu sehen, sondern dient einem guten Zweck, wenn auch die kleine Anerkennung denjenigen gebühren sollte, die sie sich ehrlich erlaufen haben.

Viele Grüße
 Michael Weber