Ein LiDL Bahnticket hatte ich mir vor Weihnachten gekauft. Da es bis Ende März gültig ist, hob ich es auf in der Hoffnung auf frühlingshafte Temperaturen. Doch darauf warten wir in diesem Jahr bisher vergebens. Bevor es verfällt nutze ich die letzte Gelegenheit und fahre mit Gerd-Rudi Papcke nach Lohne.
Nach Anschluss der Stadt Lohne an den Eisenbahnverkehr in Richtung Delmenhorst wird 1888 das Bahnhofsgebäude erstellt. Mit einem Sonderzug besucht Bundespräsident Heinrich Lübke 1967 Lohne mit einem Sonderzug. 2001 durch die Stadt erworben wird das Bahnhofsgebäude 2003 an das Musikhaus „Piano Hartz verkauft. Lohne wurde 980 erstmals in einer Urkunde als „Laon“ erwähnt. 1801 begann mit der Massenproduktion von Gänsekiel-Schreibfedern die Industrialisierung. Das Industrie Museum Lohne, das gleich neben der Bahnstation gelegen ist, bietet die Gelegenheit, auf eine kleine Entdeckungsreise zu gehen. Eine Dampfmaschine, Symbol der Industrialisierung, ist im Erdgeschoss zu sehen. Daneben ein Häckseldrescher.
Doch mit Lohnes Aufstieg hat die Dampfmaschine erst einmal wenig zu tun. Im zweiten Stock aber residiert Martina, eine ausgestopfte Gans. Sie ist das eigentliche Symbol für die Industrialisierung Lohnes. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts war es vorbei mit dem Aufschwung. Die Stahlfeder aus England leitete den Niedergang der Gänsekiel-Federn ein. So sattelten sie um erst auf Pinsel und Tabak, später auf Torf, Leder und Korken. Manches hat sich bis heute gehalten, anderes konnte sich nicht durchsetzen, wie das rote Fuldamobil. Vom Fuldaer Karl Schmidt entwickelt, wurde es vom 13. April bis Ende Oktober 1955 in Lohne produziert. Der dreirädrige Kleinwagen, im Volksmund wegen seiner rundlichen Form "Das Ei" genannt, brachte es mit seinem luftgekühlten Zweitakt-Motor auf 75 km/h Höchstgeschwindigkeit und verbrauchte 4 Liter Benzin auf 100 km. Insgesamt wurden in Lohne nur 701 Fuldamobile gebaut. Die Konkurrenz war zu groß.
2007 wurde dem Museum die Galerie Luzie Uptmoor angegliedert. Hier werden Werke von Luzie Uptmoor, Heinrich Klingenberg und Joseph Andreas Pausewang als Dauerausstellung präsentiert. 1907 erhob der Landtag des Großherzogtums Oldenburg den kleinen Flecken zur Stadt. Vom eigens gegründeten Verschönerungsverein wurde auch das Wahrzeichen der Stadtwerdung errichtet, der Aussichtsturm im Stadtwald. Am Rande des Stadtparks steht die 1821 in Fachwerkbauweise errichtete Wassermühle. 1975 in städtischen Besitz übergegangen, steht sie seit 1982 dem Kunstkreis „Die Wassermühle e.V.“ als Ausstellungsraum zur Verfügung. Heute zählt Lohne über 26.000 Einwohner. Klinkerbauten prägen das Stadtbild. In der ehemaligen Likörfabrik gibt es heute verschiedene Geschäfte. Liköre und zahlreiche andere Spirituosen findet man im Getränkemarkt Dehlwisch. Das Innere des Getränkemarktes ist sehr interessant gestaltet.
Man findet in Lohne reizvolle Wohngebiete mit sehr geschmackvollen Anwesen. Der Alte Markt präsentiert sich seit einigen Jahren in neuer Form. Der von Bauten des 20. Jahrhunderts umsäumte städtische Hauptplatz wurde zur Fußgängerzone umgestaltet. Hier fällt der Blick auf die Egolohne, eine 1988 von Jürgen Goertz erbaute Brunnenplastik. Es ist eine Kunstfigur, an der sicherlich manches nicht so stimmt, wie man es vielleicht erwartet. Dominiert wird dieses Stadtzentrum durch die neuromanische St. Gertrud Kirche, hinter der auf dem Rixheimer Platz vom Lohner Bildhauer Karl-Josef Dierkes in den Jahren 1992-93 der gleichnamige Brunnen erbaut wurde. Umgeben von einer Gräfte steht als eingeschossiger denkmalgeschützter massiver Putzbau mit Krüppelwalmdach der Pfarrhof von St. Gertrud.
Die Villa Trenkamp wurde 1846 als Fabrikgebäude für die Zigarrenfertigung durch Franz Joseph und Franz Heinrich Kreymborg errichtet. 1857 erwarb der Fabrikant Clemens August Trenkamp das Gebäude und baute es zu einem Wohnhaus um. 1905 durch Brand zerstört, wurde es durch den Maschinenfabrikanten Carl Adolf Trenkamp neu gebaut. Heute gehört die Villa einem Augenarzt.
Die Villa Taphorn wurde 1884 als eingeschössiges Wohnhaus durch den Korkenfabrikanten Johann Joseph Friedrich Taphorn erbaut. 1906 erfolgte der Umbau zu einer zweigeschossigen Villa, der Erker erhält in Höhe des Dachgeschosses eine zwiebelförmige Kuppel. Ein asiatisches Restaurant befindet sich heute im Haus Uptmoor, das 1906 als repräsentative Villa für den Arzt Dr. Franz Uptmoor errichtet wurde. Es ist das Elternhaus der Malerin Luzie Uptmoor (1899 – 1984).
Im Alten Rathaus haben wir uns mit einer leckeren Pasta auf den Marathon vorbereitet. Diese Stadtbesichtigung am Freitag bei anfangs wolkenlosem Himmel ermöglichte uns das LiDL Bahnticket, das ja freitags nicht gilt und wir dadurch schon am Donnerstag angereist sind.
Der Marathon wird jedoch nicht direkt in Lohne gestartet, sondern am fünf Kilometer entfernten Motorpark. Dieser liegt zwar für Autofahrer sehr verkehrsgünstig an der A1, doch ist er für Bahnfahrer nicht so einfach zu erreichen. Dennoch unternehmen wir am Freitag einen Fußmarsch zum Motorpark, um uns auch diesen einmal anzuschauen. Außer einem Poster am Eingang der Raststätte Steilkurve und den Hinweisbannern an der Abbiegung in die Siemensstraße ist aber von einer Marathonveranstaltung noch nichts zu erkennen. Dafür fallen aber die 12 blitzsauberen weißen Porsche auf dem Parkplatz auf.
Innen bietet dich dem Betrachter eine Ausstellung des Motorsports mit zahlreichen Wandmalereien und Bildern aus früheren Motorsportzeiten. Natürlich dürfen auch einige Sportwagen nicht fehlen. Sehr interessant auch dieses XXL Tischfußball-Spiel. Das ehemalige IBIS-Hotel in der Nähe des Lohner Bahnhofs heißt inzwischen Business-Hotel und wurde vor knapp zwei Jahren komplett renoviert. Hier waren wir sehr gut untergebracht.
Für den fünf Kilometer langen Weg zum Marathonstart zeigt sich der Veranstalter, der Lohner Lauftreff „Waldschleicher“ sehr hilfsbereit. Das hatte ich schon um den Jahreswechsel erlebt, als ich um ein Foto der letztjährigen Veranstaltung gebeten hatte, auf dem Helmut Braun und Sigrid Eichner zu sehen sind. Umgehend wurde mir das Foto damals per e-Mail Anhang zugeschickt, so dass ich dieses Material für die Ziel-60-Marathon Zertifikate verwenden konnte.
Reinhardt Wilak vom Orgateam hat nun auch für uns Bahnfahrer eine Lösung. Er schickt uns am Marathonmorgen eine attraktive und äußerst nette junge Läuferin, die uns mit dem Auto vom Hotel abholt und zum Motorpark fährt. Sie selbst läuft auch mit und zwar im Staffelwettbewerb, bringt darüber hinaus noch Kuchen mit und gibt die Startnummern für später stattfindende Läufe aus. Bis 15:00 Uhr geht dieser Einsatz und so macht es ihr auch nichts aus, uns beide anschließend wieder zum Hotel zurück zu fahren. Vielen Dank für diesen erstklassigen und sicherlich nicht selbstverständlichen Service.
Kaum im Motorpark angekommen, treffe ich einige Clubmitglieder und wir stellen uns mal schnell zum Gruppenfoto auf.
Von links nach rechts: Jürgen Kuhlmey, Hans-Joachim Meyer, Gerd-Rudi Papcke, Michael Weber und Dietrich Eberle.
Aber es kommen noch mehr gelbe Jacken, wie Wolfgang Kieselbach und Helmut Rosieka. Auch Johann Spieker ist hier.
Bei unserer kurzen Autofahrt vom Hotel hierher hat es geregnet. Jetzt müssen alle raus zum Start und siehe da, es regnet nicht mehr. Das hebt natürlich die Stimmung an und alle sind guter Laune. Gerd-Rudi Papcke ebenso, wie Wolfgang Kieselbach. Ganz locker Hans-Joachim Meyer, ganz ruhig Johann Spieker. Jürgen Kuhlmey lächelt auch, nur Dietrich Eberle blickt etwas skeptisch drein.
Pünktlich um 10:00 Uhr fällt der Startschuß. Mit Startnummer 716 unsere nette Chauffeurin, die als Staffelläuferin die Runde in respektablen 46 Minuten bewältigt. Die ersten rund 100 m läuft es noch auf Asphalt. Dann biegen wir nach links ab auf eine Wiese, aber es ist nur ein kurzes Stück. Dann geht es erneut nach links auf einen Feldweg. Noch vor km 1 sind wir aber wieder auf Asphalt. Es scheint heller zu werden und ich befürchte, zu warm angezogen zu sein. Wieder geht es auf einen Feldweg und bei km 2 durch eine Unterführung der Autobahn. Zur Abwechslung mal vorbei an einigen Anwesen erreichen wir km 3. Nachdem die Strecke bei km 2 unter der Autobahn hindurch führte, laufen wir bei km 4 die einzige Steigung hoch und über die Autobahnbrücke. Nach der Brücke geht es leicht bergab und nach einer Rechtskurve ist schon bald km 5 erreicht. Bei km 6 folgt wieder ein Stück Feldweg, in das wir nach rechts abbiegen. Die Läufer, die von oben kommen, haben km 7 bereits hinter sich. Nach diesem Anwesen erreiche auch ich die 7 km Marke.
Ständig wechselt der Untergrund zwischen Asphalt und Feldweg. Bei km 8 laufen uns parallel zu unserem Weg die Läufer zwischen km 5 und 6 auf dem Asphaltweg entgegen. Dann biegen wir nach der Verpflegung nach links ab. Mit Startnummer 538 begleitet mich nun Emil List, der nach vierwöchiger Krankheit nicht sicher ist, den Marathon durchlaufen zu können. Es wird ihm aber gelingen. Km 9 und die Läufer auf der zweiten Runde kommen uns bereits entgegen. Für uns geht es aber noch ein Stück entlang der Straße und bei km 10 um den Motorpark herum und nochmal ein Stück über eine Wiese. Nach einem kleinen Verlängerungsbogen kommen wir nach 10,55 km wieder an Start und Ziel vorbei. 1:02 Stunden meine Zeit für diese Auftaktrunde, eigentlich zu schnell bei meinem Trainingszustand.
Inzwischen hat es wieder zu regnen begonnen und ich bin froh, dass ich mich warm angezogen habe. Gerd-Rudi Papcke tut sich schwer, liegt rund anderthalb Kilometer hinter mir. Nach meiner zweiten Runde zeigt die Uhr 2:06 Stunden. Gerd-Rudi wird, geplagt durch eine Erkältung, nach der zweiten Runde aussteigen.
In der dritten Runde laufe ich auf Kurt Gormanns (Startnummer 500) auf und wir laufen ein Stück gemeinsam. Tags zuvor war er schon an den Teichwiesen in Hamburg gelaufen. Zusammen beenden wir die dritte Runde bei 3:13 Stunden. Das Wetter meint es heute wirklich nicht gut mit uns, denn nur kurz gibt es Regenpausen. Auf meinen letzten Kilometern wird der Regen stärker und die Helferinnen an den Verpflegungsstellen sind froh, dass sie unter den großen Schirmen etwas Schutz finden, auch wenn es inzwischen nur noch um die 5°C warm ist.
Die Verpflegung übrigens ist ausgezeichnet. Es gibt Wasser, Tee und Cola, dazu Bananen und leckere Kekse.
Durch die verwinkelte Streckenführung sind alle drei Verpflegungspunkte auf der Runde nur wenige Meter auseinander.
Meine letzte Runde gehe ich etwas vorsichtiger an, kann dann aber am Ende wieder zulegen und komme hinter Kurt Gormanns ins Ziel nach 4:24 Stunden. Für jeden Läufer wird die Zeit aufgeschrieben und man bekommt eine kleine Medaille.
"LOHNE ... lohnt sich" lautet der Slogan auf der Informationsbroschüre, die im Industriemuseum zur Mitnahme ausliegt. Für mich hat sich Lohne gelohnt, aber allen Laufsportbegeisterten wünsche ich, dass es nun endlich Frühling wird.
Hier noch die Ergebnisse der Clubmitglieder (bisher veröffentlicht nur als Gesamtergebnis):
13. Sjoerd Slaaf 3:41:42
18. Johann Spieker 3:47:04
34. Hans-Joachim Meyer 4:09:56
41. Michael Weber 4:24:54
43. Jürgen Kuhlmey 4:27:30
44. Wolfgang Kieselbach 4:28:45
45. Helmut Rosieka 4:41:47
48. Dietrich Eberle 4:56:38
52. Gerd-Rudi Papcke 2:28:43 (nach der 2. Runde ausgestiegen)
(Platzierungen in der Männerwertung bei insgesamt 54 Männern und 7 Frauen im Marathon)
Michael Weber