Mitte Oktober liefen Doris und ich den Khujand-Marathon in Tadschikistan mit einer Gruppe internationaler Läufer. Dazu reisten wir nach Taschkent, um die Gruppe zu treffen, die dort den 3. von 4 Marathons der zentralasiatischen Challenge liefen. Wir reisten am Vortag mit dem usbekischen Expresszug nach Samarkand, der zentralen Stadt auf der ehemaligen Seidenstraße. Die Zugtickets hatten wir bereits vorab in Deutschland gekauft, denn die Züge sind alle ausgebucht. Die Besuche der verschiedenen Gebäudekomplexe und einer mittelalterlichen Sternwarte eines usbekischen Astronomen waren sehr beeindruckend. Richtig spannend wurde es vor Beginn der Rückfahrt, als Doris und ich bereits im bereitgestellten Zug eingestiegen waren. Die Toiletten waren noch abgeschlossen, so dass ich nochmal zurück ins Bahnhofsgebäude ging. Auf dem Weg dahin dachte ich noch, dass ich gar kein Handy mithatte, weil es im Zug an der Steckdose hing, dafür Doris aber ohne Geld und Bahnfahrkarte war. Als ich zurückkam, war der Zug weg. Mein Puls war schlagartig auf 180. Doris ging es bei der Abfahrt übrigens genauso. Ich fragte den Schaffner auf dem Nachbargleis, wo der Zug wäre. Er zeigte in die Dunkelheit und meinte, dahinten kommt er gleich. Endlose Minuten vergingen, bis der Zugteil mit Doris wieder einfuhr. Er sollte an den zweiten Teil angekoppelt werden und war zum Rangieren mal eben aus dem Bahnsteigbereich raus- und wieder reinrangiert worden. Puh, Glück gehabt.
Am Tag des Laufs in Taschkent trafen wir die Lauffreunde beim Frühstück im Sporthotel und schickten sie auf die Strecke. Danach gingen wir zum TV Tower und fuhren mit der Metro zurück zum Hotel. Immer wieder spannend, mit einer postsowjetischen U-Bahn zu fahren: laut, klappernd, schnell, pünktlich. Nachdem die Läufer gefinisht hatten, gab es Mittagessen im Hotel. Danach fuhren wir mit dem Reisebus zur tadschikischen Grenze. Dort ging es zu Fuß mit dem Gepäck zur Pass- und Gepäckkontrolle an die Grenze zur Aus- und Einreise. Hinter der Grenze ging es einige hundert Meter zwischen Autos und LKWs hindurch zum nächsten Reisebus. Der brachte uns nach Khujand in ein sehr exklusives Hotel mit einem Ausblick auf den Fluss, der atemberaubend war. Der Marathon am nächsten Morgen fand in einem Park statt. Die Runde war 1,5 km lang, so dass wir 28 Runden laufen mussten. Genau wie bei unserem Heimatmarathon in Henstedt-Ulzburg. Die Sonne schien und an einigen Stellen war es windig, so dass die Ärmlinge die ersten 3 Stunden sehr angenehm waren. Durch die kurze Runde sahen sich die 19 Marathonis ( 7 Frauen, 12 Männer) plus einige Kurzdistanzläufer recht häufig. Die Rundenzählung, Zeitnahme und Verpflegung mit Cola, Wasser und Süßigkeiten funktionierten perfekt. Die Ergebnisspanne reichte von 3:53 bis 7:15 Stunden. Nach dem Lauf ging es zurück ins Hotel, wo noch 2 Zimmer zum Duschen bereitstanden, so dass wir erfrischt, nach Siegerehrung und Mittagessen die Rückreise nach Taschkent antreten konnten. Dort gab es abends ein Abschlussessen in einem Restaurant und je nach Rückflugzeit verabschiedeten sich die Gruppenmitglieder entweder ins Hotel oder zum Flughafen. Wir flogen via Istanbul zurück nach Hamburg.
Ende des Monats machte ich mich allein auf den Weg nach Erbil in Kurdistan im Nord-Irak. Doris hatte wegen dem Zeitlimit abgewinkt. Somit war ich gespannt, ob ich als alleinreisender Mann nur mit Handgepäck intensiverer oder genauer kontrolliert würde, als mit Doris zusammen. War aber nicht der Fall. Es ging wieder über Istanbul (diesmal allerdings der Flughafen im asiatischen Teil) nach Erbil. Da ich auf dem ersten Flug Schulterschmerzen bekam, überlegte ich mir, auch wegen des fast fünfstündigen Zwischenstopps eine Apotheke im Flughafen zu suchen, um mir  Medikamente zu kaufen. Dazu musste ich allerdings den Transferbereich verlassen, da die Apotheke im öffentlichen Bereich war. Na dann also zurück in den Ankunftsbereich und in die Türkei einreisen. Hat einige Zeit gedauert, doch dann hat der Einkauf gut geklappt. Im Supermarkt draußen waren die Getränke auch deutlich günstiger, somit alles gut. Ich kam nachts in Erbil an, kaufte mir eine lokale SIM-Karte, konnte aber keinen Taxi-Fahrer per App buchen, da diese den Flughafen nicht als Servicebereich haben. Ich musste also den recht teuren Taxidienst im Flughafen nutzen. Später erfuhr ich den Grund, dass nämlich ein niederländisches Unternehmen das Taximonopol für Flughafenfahrten von der Regionalregierung erworben hat. Und die drehen an der Preisschraube. Auf dem Rückweg habe ich mir von einer japanischen Läuferin die Alternative für kleines Geld mit dem Taxidienst bis zu einem Umsteigepunkt und von dort mit dem Flughafenbus weiter zum Terminal zeigen lassen. Gewusst wie!
Nach einer kurzen Nacht und kleinem Frühstück im Hotel wollte ich Getränke kaufen. Da ich noch keine irakische Dinar getauscht hatte und der Laden Kreditkarten nicht akzeptierte, durfte ich die Cola so mitnehmen und sollte später bezahlen. Als ich eine Stunde später wiederkam, freute sich der Ladeninhaber und wir kamen ins Gespräch. Auf deutsch, denn er hatte 6 Jahre in Heidelberg studiert. In dem Laden wurde ich dann Stammkunde. Weil er um die Ecke vom Hotel war und weil es daneben einen Imbiss gab, der Falafel und Tomate in der Brottasche lecker und günstig anbot. Hier aß ich mit den Bauarbeitern. Tagsüber holte ich mit der Japanerin die Startunterlagen ab und wir besichtigten die Altstadt mit Zitadelle, Basar und Uhrenturm. Am nächsten Morgen ging ich nach dem Hotelfrühstück (kein Brot, nur dünnes arabisches Fladenbrot, dafür aber Bananen) zum Startbereich in einem Park. Auf der anderen Parkseite war später das Ziel. Nach ca. 1,5 km trafen wir auf eine vierspurige Ringstraße, die bis auf Rettungs- und Polizeifahrzeuge vollkommen verkehrsfrei war. Die Runde war 10 Kilometer lang und war somit 4-mal zu absolvieren. Vorbei am Nationalstadion, Justiz- und Religionsministerien, Moscheen und dem Parlament. An 4 Verpflegungspunkten gab es Wasser in Flaschen, Feigen und Bananen. Das Wasser war auch notwendig, denn die Temperatur stieg von 20 auf 27°C. In der zweiten Runde kamen die 12-Kilometerläufer dazu, die eine Stunde später gestartet waren. Das war zwar eine Abwechslung, aber auch etwas nervig, weil viele von denen nur noch gingen und das gern nebeneinander und auf der Innenbahn. Nach 4:15 Stunden lief ich ein und legte mich auf eine freie Massagebank. Die Masseure hatten zwar schon Feierabend, dafür hatte ich Schatten und einen weichen Untergrund. Nach 30 Minuten wurde ich von scharrenden Geräuschen geweckt, weil die Absperrgitter der Zielgasse abgebaut wurden. Ich ging dann zum Siegerpodest für ein Foto und traf die Japanerin. Die war komplett geflasht, weil sie für ihren 2. Platz bei den Damen eine Geldprämie von umgerechnet 650 Euro bekommen hatte. Zurück zum Hotel, diesmal mit dem Taxi und nach Ausruhen, Dusche, 2 am Straßenbäckerei  frischen zubereiteten Käsepizzen, dem Anlegen der restlichen Dinar in „essbare Souvenirs“ trat ich meine Rückreise an. Die ganze Zeit in der Stadt hatte ich niemals ein unsicheres Gefühl. Die Bewohner Erbils waren sehr gastfreundlich und angenehm. Wenn Doris dort einmal zum Lauf, ggfs. von einem internationalen Veranstalter mit höherem Zeitlimit, hinmöchte, wäre ich sofort wieder dabei. Vor allem, weil Eurowings ab Dezember Direktflüge nach Erbil anbietet.
Das waren die Berichte von Doris‘ 94. und meinen Länderpunkten 95 und 96.