Gibt es ein Paradies auf Erden?
Diese Frage kann spätestens nach einem Besuch der philippinischen Insel Camiguin (gesprochen Ka-mi-gän) mit „Ja“ beantwortet werden. Camiguin ist die kleinste Provinz der Philippinen und liegt 10 Kilometer von der zweitgrößten Insel Mindanao entfernt. Man gelangt dorthin mit der Fähre oder, da die Insel einen kleinen Flugplatz hat, mit dem Flugzeug.
Auf der 229 Quadratkilometer großen Insel leben 83.000 Menschen.
Die Bezeichnung 360 wird verwendet und deutet eine Umrundung an. Auf der durchgehend betonierten und im Jahr 2005 mit umgerechnet 10 Millionen Euro ausgebauten Ringstraße fand am Palmsonntag (28.03.2015) der zweite Ultramarathon statt. Start war vor dem Gemeindeamt von Mambajao. Die Insel setzt sich sehr positiv von anderen Regionen der Philippinen ab. So herrscht auf der Insel Helmpflicht, die Straßen und Vorgärten sind ausgesprochen sauber, das Verkehrsaufkommen ist angenehm überschaubar. Bereits beim Anflug war der Hauptvulkan Hibok-Hibok und die kleine Sandinsel namens „White Island“ zu sehen. Alleine dieser Anblick glich einem zur Wirklichkeit gewordenen Traum.
Auf der Insel gibt es 68 sogenannte „Day Care Centers“ und 56 öffentliche und private Grundschulen.
Das Besondere an dieser Insel ist, dass auf einem recht eng begrenzten Raum alle Sehenswürdigkeiten, die an anderen Stellen der Philippinen dezentral aufgesucht werden müssten, an einem Ort lokalisiert sind: 7 Vulkane, davon überragend der 1.332 Meter hohe Schichtvulkan Hibok-Hibok, 2 kleine für jeweils 10,-- Euro per Fischerboot erreichbare Nebeninseln, viele bis zu 70 Meter hohe Wasserfälle, heiße Quellen, Badebuchten mit weißem und schwarzem Sand. Eine sehr wohlschmeckende Besonderheit ist die Lanzones-Frucht die am Lansibaum wächst. Hierzu findet auf der Insel alljährlich im Oktober das Lanzones-Festival statt.
Die Menschen sind einladend freundlich. Das ist wörtlich zu nehmen da mir viele Einheimische „Hello Friend“ zuriefen. Obwohl die Insel etliche Resorts beherbergt waren nicht viele Touristen zu sehen. Auf den Philippinen sind Frauen in der Politik stark vertreten, dem Bürgermeisteramt steht Maria Luisa D. Romualdo vor. Sie unterstützte die Austragung des Ultramarathons mit der Kooperation des Verantstalters „Promote Camiguin Ing.“. Generell war von außen gesehen kein großer Unterschied in den familiären Rollen und den damit an anderen Stellen dieser Welt oft verbundenen Disbalancen und Konflikten spürbar. Das Leben auf der Insel kann als sehr sozial ausgewogen bezeichnet werden.
Der Ultramarathon über exakt 64 Kilometer startete pünktlich am Palmsonntag um Mitternacht. Vorher gab es ein Race-Briefing mit vielen Ansprachen, danach ein reichliches Essen und ein Rahmenprogramm mit einer Liveband. Nach dem Start zog sich das Feld schnell auseinander da auch ein Staffellauf ausgetragen wurde. Vor dem Start wurde jeder Teilnehmer auf das Vorhandensein einer Wasserflasche oder eines Hydration Packs sowie einer Kopflampe kontrolliert.
Die erste Wasserstelle war nach 10 Kilometern eingerichtet. Nach weiteren 10 Kilometern gab es dann Schokolade und Bananen und nach der Hälfte der Strecke konnte neben isotonischem Getränk auch auf eigene Utensilien zugegriffen werden. Ich nutzte diese Stelle zum Schuhwechsel. Bis Kilometer 50 waren die Verpflegungsstellen alle 10 Kilometer eingerichtet. Ich lief langsam los und wurde zwischenzweitlich vom Marshal, also einem Polizeioffizier, ermahnt, ausschliesslich auf der linken Straßenseite zu laufen. Ein Überqueren der Straße war nicht erlaubt.
Die gesamte Strecke wies 610 Meter Höhendifferenz auf. Die Temperatur betrug 27 Grad Celsius. Viele LäuferInnen wurden mit Fahrzeugen begleitet. Mehrheitlich waren die Begleitfahrzeuge sogenannte Tricycles, also dreirädrige Motorräder mit einem Beiwagen, in welchem, wie auf den Philippinen üblich, Waren oder Passagiere transportiert werden.
Auf der Strecke gab es einen ca. 1 Kilometer langen Abschnitt, in welchem der Veranstalter Bambusstöcke mit Flaschen und Petroleumlampen beidseits der Straße aufgestellt hatte. Phantastisch. Irgendwann fühlte ich dann doch die Einsamkeit des Langstreckenläufers aber der Weg war nicht zu verfehlen. In den Ortschaften waren in der Nacht sogar ganze Familien aus ihren Hütten gekommen um sich das ungewohnte Geschehen anzusehen. Langsam wurde es heller. Die Umrisse der Vulkane waren zu sehen. Längere einzelne bergpassagen waren zu überwinden. Ich erreichte einen anderen Läufer mit dem ich dann zusammen ca. 15 Kilometer bis zum Ziel lief. Wir motivierten uns gegenseitig und überholten zusammen noch drei andere Teilnehmer. Ich ließ meinem Laufpartner ca. 500 Meter vor dem Ziel den Vortritt und er erreichte so den 10. Platz im Gesamteinlauf. In meiner Altersklasse erlangte ich mit einer Zeit von 6:43:22 Stunden den dritten Platz. Ein schönes Tshirt, ein Zertifikat und ein Pokal aus Pinienholz mit einer Einsparung in Form eines Läufers wurden mir überreicht. Die Siegerehrung fand um 12:00 Uhr statt. Noch um 13:00 Uhr sah ich Teilnehmer sich auf der Straße dem Ziel nähernd. Diese wurden, da nach 11 Stunden Zielschluss durchgeführt wurde, leider nicht mehr in die Ergebnisliste aufgenommen obwohl ich persönlich diese Leistung des Bewegens unter der schon um 08:00 Uhr viel höheren Temperatur als besonders leistungsstark einschätze.

Wer sich ein Bild von der Vielfalt der Sehenswürdigkeiten auf der Insel Camiguin machen möchte dem sei dieses Video empfohlen: https://vimeo.com/110138549