Erst zum dritten mal wurde 2008 der Marathon in der noch jungen slowakischen Hauptstadt Bratislava ausgetragen. Bei meiner Recherche im Internet fand ich heraus, dass eine Reise dorthin gar nicht teuer ist und so entschloss ich mich zu einer Teilnahme.

Die am nächsten beieinander liegenden Hauptstädte Europas sind Wien und Bratislava mit einer Entfernung von weniger als 65 Kilometern. Von daher gibt es auch eine gute Zusammenarbeit beider Metropolen bei der Verkehrsplanung. 
Unter mehreren Reisemöglichkeiten entschied ich mich zunächst für einen Flug von Stuttgart nach Wien und vom dortigen Flughafen zur Weiterfahrt mit dem Bus. Eine preiswerte Fahrkarte (9 Euro einfach, bzw. 16 Euro für Hin- und Rückfahrt).
Der Busbahnhof liegt sehr nahe am Stadtzentrum, wie überhaupt die interessantesten Sehenswürdigkeiten sehr eng beieinanderliegen und problemlos zu Fuß bewältigt werden können.

Schon wenige Meter nach dem Busbahnhof komme ich an einem sehr interessanten Gebäude vorbei. Nicht ganz auf dem direkten Weg zu meinem Hotel, aber mit nur einem kleinen Umweg, lohnt sich ein Abstecher zur blauen Kirche. Sie ist sicherlich das schönste Jugenstildenkmal Bratislavas.
Nachdem ich mein Zimmer im Hotel Kyjev bezogen hatte, ging ich gleich weiter und war schon fünf Minuten später auf dem Hviedzdoslav-Platz, dem Start-/Zielgelände des Marathons.
 
Vor dem Slowakischen Nationaltheater finden auf der dort aufgebauten Bühne neben der späteren Siegerehrung auch Konzerte und Tanzaufführungen statt. Wenn man, wie ich, ein bischen Zeit mitbringt, ist das unterhaltend, vor allem bei diesem tollen frühlingshaften Wetter, auf das ich so lange gewartet habe.
Doch irgendwann wurde es auch Zeit, die Startunterlagen abzuholen und zur Pasta-Party zu gehen. Beides fand im Primatial Palast statt, nicht weit entfernt von hier. Einen Stadtplan hatte ich nicht, war auch nicht nötig, denn zu den Hauptsehenswürdigkeiten gab es an vielen Stellen Wegweiser und die anderen interessanten Dinge sah ich jeweils auf dem Weg dorthin.
So führte der Weg zum Primatial Palast über den Hauptplatz und dann durch den Hofplatz des Alten Rathauses.       
Im Primatial Palast gab es gleich am Durchgang zum Innenhof rechts die "Registrierung" in einem kleinen Raum, der aber dennoch auch Platz bot, für einen Stand mit Laufbekleidung. Schnäppchen waren aber nicht darunter. Es gab nur für die Marathonläufer eine zweite Startnummer, die auf dem Rücken befestigt werden musste. Keine schlechte Idee, denn so wußte man unterwegs, ob die vor einem laufenden den ganzen oder nur den halben Marathon laufen. In der Startgebühr von 17 Euro war ein Baumwoll T-Shirt eingeschlossen, sowie der Gutschein zur Pastaparty und ein Gutschein für öffentliche Verkehrsmittel, den ich aber nicht benötigte. Dazu gab es noch einen Schokoriegel, eine kleine Wasserflasche und einen Kalender. Alles nicht in einer Tüte, sondern in einem Pappkarton mit Tragegriff.
Ging die Startnummernausgabe noch ohne Warteschlange zügig vonstatten, gab es die Schlange allerdings später bei der Pastaparty. Aber ich hatte ja Zeit, auch wenn es jetzt gegen Abend doch kühl wurde und das Ganze im Freien stattfand. Immerhin, es gab zweierlei Nudeln und drei verschiedene Soßen. Dazu gab es noch Croissants mit Cremefüllung in Plastikverpackung so lange der Vorrat reichte.
Durch den wolkenlosen Himmel war es eine halbe Stunde vor Start des Marathons nur gerade mal 7°C "warm". Da hatte ich wieder die Qual der Wahl, was ich anziehen sollte. Ich entschied mich für die kurze Hose, aber ein Laufhemd mit langen Ärmeln. Letztere konnte ich ja später hochziehen. Bis zum Ende des Marathons war die Temperatur immerhin auf 20°C geklettert.

Pünktlich um 10:00 Uhr der Start zum Halbmarathon (1 Runde) und zum Marathon (2 Runden). Durch die Zeitumstellung in der Nacht sind es aber gefühlte 9:00 Uhr. Es gab keinen Chip.
Zunächst ging es auf den ersten Kilometern im großen Bogen um die Altstadt herum.
Der Blick fällt auf eine kleine Brunnenfigur, wobei sämtliche Brunnen der Stadt zu diesem Termin leider noch nicht mit Wasser gefüllt sind. Anschließend biegt der Kurs nach links ab und führt vorbei am Justizgebäude.
Auffallend oft sind die Fassaden mit riesigen Kunststoff-Werbeplakaten versehen, auch mein Hotel Kyjev blieb davon nicht verschont und von außen sieht das ja auch gar nicht schlecht aus. Mein Zimmer ging zum Glück zur anderen Seite, das dadurch einen schönen Blick über die Stadt erlaubte. Im Internet hatte ich zwar gelesen, dieses Hotel wäre heruntergekommen und bedarf dringend der Renovierung, aber es war mit Abstand das preiswerteste, was ich finden konnte, noch dazu bei dieser idealen zentralen Lage. Ich fand es dann gar nicht so übel, hatte sogar einen Fernseher auf meinem Zimmer und im Bad eine Badewanne. Das sehr reichhaltige Frühstücksbuffet war sehr gut und täglich bereits ab 6:00 Uhr geöffnet. Da waren die 40 Euro/Nacht im Einzelzimmer doch sehr günstig. Übrigens führt die Slowakei den Euro erst 2009 ein, aber man kann problemlos überall mit Euro bezahlen. Man sollte es aber möglichst passend haben, denn das Rückgeld gibt es in der Regel in Slowakischen Kronen. Am Hotel Kyjev führt der Marathon bei ungefähr km 3 vorbei.
Nach dem Hotel geht es nach rechts vorbei an der alten Markthalle Stara Trznica, in der sich zur Zeit aber nur einige kleine Imbißbuden befinden.
Dann folgt eine erste leichte Steigung.
Auf Höhe der Trinitarier Kirche, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaut wurde, geht es nach links durch eine schmale Gasse und dann wieder bergab durch das Michaelis Tor, dessen elegantes kupfernes Zwiebeldach eines der Symbole der Stadt darstellt. Das Dach des gotischen Turmes aus der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde von 1753 bis 1758 im Barockstiel ungebaut.

Der reizvollste Teil der Strecke führt jetzt durch die Altstadt, wo schon die ersten Gäste in den Straßencafes etwas verwundert auf uns Läufer blicken. 
Wir kommen kurz nach der 5 km Verpflegung aus der Altstadt heraus und laufen unter der Neuen Brücke hindurch. Bis dahin war der Marathonkurs recht ansprechend, aber die junge Frau im blauen Trikot, mit der ich einige Kilometer gelaufen bin, kannte die Strecke und machte mir keine großen Hoffnungen.
Doch gleich unter der Brücke hindurch fällt der Blick auf die kantige Burg "Hrad", dem Wahrzeichen Pressburgs, wie Bratislava im Deutschen genannt wird.
Es geht hinauf auf die Neue Brücke, im Hintergrund die Kathedrale des Heiligen Martin, auch Martinsdom genannt. Vor uns sehen wir oben auf der Brücke eine Plattform, in der sich ein Restaurant mit dem passenden Namen Ufo befindet.
Rechter Hand genieße ich noch einen Blick auf die Burg, bevor es tatsächlich erst einmal vorbei ist mit den optischen Höhepunkten auf diesem Rundkurs. Kilometerweit laufen wir auf einer breiten Straße, die aber für den Verkehr gesperrt ist.

Große Werbetafeln sind jetzt die Objekte, auf die unser Auge fällt, aber zum Glück haben wir ein ideales Laufwetter mit wolkenlosem Himmel und auf dieser ersten Runde ist es noch angenehm kühl.
Einige Kilometer weiter liegen linker Hand Wohnhäuser, zum Teil ganz neu gebaut und in angenehmen Farben gestrichen.
Kurz nach km 5 waren wir aus der Altstadt auf die Brücke gelaufen und dann immer geradeaus durch den Ortsteil Petrzalka gelaufen. Bei km 11 geht es für einen kurzen Moment einen kleinen Brückenanstieg hoch. Hier kam auch etwas Wind auf. Endlich kurz nach km 12 ist der Teil auf dieser schier endlosen Straße beendet. Nach weiteren 9 Kilometern sollten wir ja wieder am Start vorbeikommen, wie läuft der Kurs jetzt weiter?

Es geht ins Grüne! Bei km 13 hat man fast den Eindruck, an einem Landschaftslauf teilzunehmen.
Der Weg biegt ab nach links auf einen Damm. Ob man dahinter die Donau sieht?
Sieht man nicht, sondern nur Gras und Bäume.
Die Verpflegung ist hervoragend. Alle 5 km sind große Verpflegungsstationen mit allem, was das Läuferherz begehrt, dazwischen sind jeweils noch Wasserstationen.
Inzwischen haben wir den Damm verlassen und laufen auf breitem Weg parallel zur Straße. Auch ein Staffellauf wird im Rahmen des Marathons ausgetragen. Hier liegt eine der Wechselzonen.
Wenig später geht es wieder zurück auf den Damm. Km 17 und tatsächlich kann ich jetzt die Donau sehen, ungefähr 300 Meter rechts. Diese Freiflächen dienen dem Hochwasserschutz und so geht der Landschaftslauf weiter.

Auf der rechten Seite eine kleine Pferderennbahn. Gerade werden die Pferde eingeritten. Dann endlich nähern wir uns wieder der Altstadt, schließlich sind ja fast 18 Kilometer erreicht und daher nur noch gut 3 Kilometer bis zum Ende der ersten Runde. Wir laufen unter der 2005 fertig gestellten Kosickabrücke hindurch, die auch als Apollobrücke bezeichnet wird.
Km 19 und noch immer laufen wir auf dem Damm. Endlich, 500 m später geht es leicht rechts hinunter zur Verpflegungsstation.
Dann geht es nach links noch einmal hinauf auf eine Brücke. Die Starý Most, die Alte Brücke, ist die älteste Brücke in Bratislava. Im Hintergrund die Burg.

In der Mitte der Brücke erreichen wir die 20 km Marke. Dann geht es hinunter in einer langgezogenen Linkskurve.
Auf dem letzten flachen Kilometer am Ende dieser ersten Runde führt die Strecke vorbei am Slowakischen Nationalmuseum.
Dann biegen wir schon nach rechts ab und erreichen das Ziel nach der Reduta, der Slowakischen Philharmonie. Die Halbmarathonis laufen gerade aus durch das Ziel, wir biegen rechts ab in die zweite Runde. Für die Marathonläufer ist auch eine Uhr aufgestellt. 2:06 meine Zeit bei Halbmarathon.

Zuschauer entlang der Strecke gibt es nur wenige und außer den jungen Trommlerinnen, die zunächst am Start für ein wenig Stimmung gesorgt haben und die sich später unweit des Ziels postiert hatten, ging es recht ruhig zu.
Auf der zweiten Runde wurde es dann sehr einsam, denn bei einem Zeitlimit von 5 Stunden sind sehr langsame Läufer schon gar nicht am Start. Doch an der Verpflegung bei km 12,5 (also jetzt bei km 33,6) läuft ein bekanntes Gesicht auf mich auf. Es ist Clubmitglied Jürgen Teichert.

Wir laufen einige Kilometer gemeinsam, dann muss ich Jürgen ziehen lassen. Für meine Ziel-60-Sammlung sah es bis dahin nach einer sicheren 4:20 aus, doch das würde jetzt bei km 37 eng werden. So entschloß ich mich für die sichere Variante, was eine Zeit von 4:30 bedeutete und sich mit 4:30:16 dann problemlos realisieren ließ.
Im Ziel treffe ich Jürgen Teichert wieder. Er war nach eigener Aussage eine 4:18 gelaufen. Seltsamer Weise fand ich ihn aber in der Ergebnisliste nicht wieder. Die jungen Damen zog das herrliche Wetter ins Freie bei der Zielankunft.

Auch Montag und Dienstag hielt das traumhafte Frühlingswetter in Bratislava noch an. Für die Rückfahrt nach Wien hatte ich noch kein Ticket und so wählte ich den Weg über die Donau mit dem Twin City Liner, ein Schnellboot, das es flußaufwärts nach Wien auf stolze 50 km/h bringt, so dass man Wien in knapp 1 1/2 Stunden erreicht. An Wochentagen kostet diese einfache Fahrt nur 16 Euro.

Viele Grüße

 worldrunner
 Michael Weber