"Auf die Schienen, fertig, los! Laufen für einen guten Zweck - wie man es gewöhnlich gern tut - ist das Thema.
Das Ungewöhnliche am Schienenlauf der Verkehrs-AG ist, dass auf einer Tramstrecke gelaufen wird. Das Beste daran ist, dass für jeden Teilnehmer, der das Ziel erreicht, von der Verkehrs-AG das Startgeld von 2 Euro zu Gunsten des Vereins Frauen- und Mädchenberatung bei sexueller Gewalt e. V. gespendet werden. Außerdem winken den Siegern der einzelnen Altersklassen die Schienenpokale der Braunschweiger Verkehrs-AG - gefüllt mit Gutscheinen im Wert von jeweils 20, 50 oder 100 Euro!
Die Gewinner der Pokale verabschieden gemeinsam das sportliche Gleis 12!"

So wurde im Internet für diesen 5 Stunden Lauf geworben, auf den uns Michael Richter auf der Clubhomepage aufmerksam gemacht hat. Da erst um 11:00 Uhr gestartet wird, kann ich am Lauftag mit dem Zug in gut vier Stunden anreisen, vom Hauptbahnhof in Braunschweig aus ist es dann nur noch ein Fußweg von einem Kilometer, den mir Michael Richter per e-Mail gut beschrieben hat.

Als ich gegen 10:15 Uhr eintreffe ist noch wenig los. Ich schaue mich etwas um, gehe die Strecke, ein Rundkurs von 500 Metern, einmal ab und kann danach Christian Hottas und Michael Baß begrüßen, die sich auch für diese außergewöhnliche Veranstaltung entschieden haben. 
Auf dem Gelände befinden sich allerhand Straßenbahnen, die die Kulisse für den Lauf bilden. Hier im Depot stehen jüngere, aber auch alte Straßenbahnen.
Stilgerecht erfolgt die Anmeldung in einer Straßenbahn und für diejenigen, die Marathon und mehr laufen wollen, steht dort obiger Hinweis. Ich vermutete hierin eine Vereinfachung der Rundenzählung, aber es steckt auch etwas anderes dahinter.

Nur rund 20 Teilnehmer haben sich zum Start um 11:00 Uhr eingefunden. Nach einer kurzen Ansprache geht es dann pünktlich los. Übrigens tragen nur diejenigen Läufer eine Startnummer, die bei der Anmeldung angegeben haben, Marathon und mehr laufen zu wollen.
Der Rundkurs ist schnell beschrieben. Zunächst geht es vor der Halle ein paar Meter gerade aus, dann scharf nach rechts vorbei an der Verpflegungsstation und dann immer geradeaus.
Bis hier alles in der Sonne, die im Laufe der Zeit immer kräftiger aufheizt und mir etwas zu schaffen macht. 
Dann rechts herum knapp 100 Meter im Schatten und dann weitere knapp 100 Meter wieder nach rechts.

Es geht nach rechts hinein in die Halle und endlich mal zur Abwechslung die einzige Linkskurve und vorbei an den Trams rechts und links.
Zum Ende jeder Runde bekommen die "normalen" Läufer auf der linken Seite einen Gummiring umgestreift. Wir, die wir bei der Anmeldung angegeben hatten, mindestens Marathon laufen zu wollen, laufen rechts und werden durch nette junge Helferinnen fehlerfrei jede Runde registriert und auf einer Liste abgehakt.

Christian Hottas ist offensichtlich gut drauf heute. Es dauert lange, bis ich ihn überrunden kann. Ein zweites Mal kann ich noch zu ihm aufschließen, aber dann vergrößert sich der Abstand. Ich werde deutlich schwächer und mehrmals von Christian überrundet.
Michael Richter fällt der Lauf noch schwerer. Ihm reichen die 5 Stunden nicht aus, aber es war bereits im Vorfeld vereinbart, dass bis zur Ergebnisauswertung noch bis zu einer halben Stunde länger gelaufen werden darf, sofern die Marathondistanz in dieser Zeit erreichbar ist.
Im Laufe des Wettbewerbs hören Läuferinnen und Läufer nach mehr oder weniger Runden auf, andere steigen ein, doch mehr als vielleicht zwanzig Läufer sind nie gleichzeitig auf der Strecke. Da wird der Lauf zur Kopfsache. Eine Stunde laufe ich in Begleitung, vier Stunden allein.

Immerhin, die beiden jungen Damen halten als Fans die ganze Zeit durch und feuern uns an.
Die Verpflegung ist ohne Tadel. Wasser, Cola, Iso, Äpfel, Bananen, Salzstangen, Gummibärchen und Schokolade werden gereicht.
Da helfen auch die lieb gemeinten Parolen nicht, ich muss mich heute mehr quälen. als ich erhofft hatte, aber zu wenig Training in den letzten Wochen sind eben keine gute Vorbereitung. Den Marathon oder genauer 85 Runden = 42,5 km werde ich aber auf jeden Fall innerhalb der 5 Stunden schaffen und so gehe ich mehrere Runden, ich kann es mir leisten. Nach meinen 87 Runden = 43,5 km sind die 5 Stunden fast um und ich beende den Lauf. Schnell ziehe ich mich um, will den nächsten Zug noch erreichen. Aber etwas Zeit habe ich noch.  

Dann folgt auch schon die Siegerehrung. Für die Altersklassensieger der Klassen 6-8 Jahre, 9-11 Jahre, 12-14 Jahre, 15-17 Jahre, 18-30 Jahre, 31-40 Jahre, 41-50 Jahre, über 50 Jahre gibt es, passend zum Schienenlauf, echte Schienenstücke als Pokale. Für die Platzierten kleine Fahrdrahtstücke als Anhänger.
Etwas ungewöhnliche Altersklassen, aber vielleicht reicht es ja zu einer Platzierung, denn all zu viele sind ja nicht die ganzen 5 Stunden gelaufen. Aber keiner der Läufer mit Startnummer wird bei der Siegerehrung aufgerufen. Wir werden separat geehrt, aber nur die ersten drei - ohne Altersklassen -.
Zu Recht äußert Christian Hottas darüber seinen Unmut, stößt aber beim Veranstalter auf taube Ohren. Auch ich kann nicht nachvollziehen, warum bei einem ausgeschriebenen 5 Stundenlauf hauptsächlich diejenigen geehrt werden, die eben diese 5 Stunden nicht durchgehalten haben. Es bleibt wohl das Geheimnis des Veranstalters. Ein kleiner Wehrmutstropfen, bei einer sonst gelungenen und einmaligen Veranstaltung, die durchaus mehr Teilnehmer - bei nur 2 Euro Startgebühr - verdient hätte.   
Immerhin, eine Urkunde gibt es für jeden Teilnehmer und für meine weite Anreise kann ich noch eine Kappe, ein Fahrdrahtstück und ein kleines Büchlein "Die Schaffnerfiebel" ergattern.
Gesamtsieger mit, ich glaube, 55 km wird Michael Baß vor Christian Hottas, der, weil nicht in der Altersklassenwertung, ohne Pokal nach Hause fahren muss.

Michael Weber