Der Gletschermarathon in Imst im österreichischen Pitztal findet in diesem Jahr bereits zum 3. Mal statt. Zur Premiere 2006 war ich auch schon dabei. Daher wurde mir auch ein Hochglanzflyer für die diesjährige Veranstaltung zugeschickt. Ich staunte nicht schlecht, als ich darauf meinen ehmaligen Arbeits- und Laufkollegen Hans-Jürgen Groesz ganz im Vordergrund erkannte. Er war hier 2007 gelaufen.

Vom Parkplatz am Freibad in Imst, unweit vom Ziel gelegen, verkehren in der Zeit von 7:15 Uhr bis 7:45 Uhr Shuttlebusse zum Transfer nach Mandarfen. Hier treffe ich auch Clubmitglied Dietrich Eberle. Als inzwischen auch erfolgreicher Ziel-60-Marathonläufer zeigt er mir auch gleich seinen Spickzettel. Vielleicht kann er ja heute eine passende Zeit laufen. Am Vortag beim Graubünden Marathon war ihm das auf der sehr schweren Bergauf-Strecke nicht möglich.
In Mandarfen erhält man die Startunterlagen, sofern man diese nicht bereits am Samstag in Imst abgeholt hat. Auch Nachmeldungen sind in Mandarfen noch möglich. Das Startpaket ist in diesem Jahr eine große Gürteltasche.
In Mandarfen befindet sich die Talstation der Seilbahn nach Rifflsee. Bis zum Start um 9:30 Uhr haben wir noch genügend Zeit. Da die meisten Teilnehmer bereits mit den Shuttlebussen hier hoch gefahren sind, geht es hier auch ganz entspannt und ohne Hektik zu.

Eine Alternative zur Shuttlebusfahrt ist eine Übernachtung hier oben in Startnähe, denn auch nach dem Lauf werden Shuttlebusse eingesetzt. Allerdings sind auch Ende Juni noch nicht alle Hotels geöffnet. Das Hotel Vier Jahreszeiten ist aber geöffnet und genau davor wird der Marathon gestartet.

Hans Jürgen Groesz ist auch in diesem Jahr wieder hier am Start. 2006 hatte man kurzfristig den Start von Mandarfen rund 1,5 km weiter nach oben verlegt und war in Mittelberg gestartet. Diesmal startet man in Mandarfen und läuft zunächst 1,5 km bergauf nach Mittelberg. Von dort aus geht es auf der Pitztaler Landstraße (L16) fast 1000 Höhenmeter bergab.
In das links abgebildete Höhenprofil sind diese 1,5 km und dann nochmal diese Distanz zurück nach Mandarfen nicht in dieser Länge eingearbeitet, was auch später auf der Strecke auffällt.
Pünktlich um 9:30 Uhr erfolgt der Start mit einem Kanonenschuß.

Vor uns blicken wir auf das herrliche Panorama des Pitztal Gletschers. Die Wildspitze ganz oben liegt auf 3774 Metern. Anstatt gemütlich einzurollen, wie ich es noch vor zwei Jahren erlebt hatte, schleppen wir uns jetzt erst Mal ein Stück hinauf bis zum Berghotel Steinbock in Mittelberg. Dann biegen wir ein auf die L16 und laufen nun bis auf zwei spürbare Steigungen bergab nach Imst. Mandarfen erreichen wir wieder nach 3 Kilometern.

Es wird wieder ein sonniger heißer Tag, aber noch sind die Temperaturen angenehm und es lässt sich locker laufen. Eine Läuferin hat sich die oben erwähnte Gürteltasche, das Präsent für jeden Teilnehmer, umgebunden. Mir erscheint dieses Teil für einen Marathon nicht unbedingt geeignet. Immer mal wieder sieht man auf diesem oberen Streckenteil kleinere Wasserfälle abseits der Strecke. Bis auf den geschotterten Weg gleich nach dem Start laufen wir die restlichen Kilometer, also so gut wie den ganzen Marathon, auf Asphaltstraßen.  Es geht abwechselnd durch Wiesen und durch kleinste Ortschaften mit einer handvoll Häusern.

An den Verpflegungsstationen wird Wasser und Iso gereicht, meist auch Bananen. Jürgen Roscher läßt zu meiner Verwunderung die ersten Stationen aus. Abwechslung bringen auch einige Tunneldurchquerungen. Zum Glück steht dort drin nicht die Luft, sondern es ist im Gegenteil angenehm frisch. Nur in den kleinen Orten gibt es gelegentlich Zuschauer, die uns ein wenig anfeuern. Aber bei dieser tollen Landschaft und dem herrlichen Wetter vermisse ich die fehlenden Zuschauer nicht. Ein Ort reiht sich an den anderen und bringt diese angenehme Abwechslung zwischen Landschaft und Zivilisation.

Das Kind in der linken, den Gartenschlauch in der rechten Hand. Diese kleine Erfrischung nehmen heute einige Läufer gerne an. Auf großen Teilen der Strecke führt der Weg entlang der Pitze. Es geht nicht nur bergab, sondern auch mal einige Kilometer flach oder minimal bergan. Zeit, einen Gang heraus zu nehmen. Auch die junge Bäuerin ist durchaus sehenswert und die Zuschauer haben auch ihren Spaß, mal fotografiert zu werden.
Bergab gebe ich wieder etwas Gas, um mir für die letzten schweren Kilometer unten im Tal ein Polster zu schaffen. Jürgen Roscher sehe ich dabei die meiste Zeit nicht weit vor mir. Wiese und Wiesle soll wohl bedeuten: kleiner Ort und ganz kleiner Ort. So jedenfalls meine Interpretation.

Außer dem Marathon wurde in Mandarfen auch ein Staffelmarathon gestartet. An den Wechselstellen ist immer etwas mehr los, als bei den sonstigen Ortsdurchquerungen. 25 Kilometer haben wir nun hinter uns und alle in meinem Bereich gehen diese erste Steigung hoch. Bei km 26 haben wir diese Steigung bewältigt und schon geht es wieder kräftig bergab. Am Fuß der nächsten Steigung ist die 30 km Marke erreicht. Genau bis dahin laufe ich und gehe dann wieder hoch. An dieser km Marke spricht mich Alexandra, eine nette Läuferin aus Frankfurt an. Sie hat Magenprobleme und will aufgeben.
Ich kann Sie überreden, doch zunächst mal diesen Anstieg nach Wenns mit mir hochzugehen. Oben ist eine Verpflegungsstation und danach geht es wieder bergab.

Wir versuchen die Bergabpassagen langsam zu laufen und trotz leichtem Stöhnen beißt sich Alexandra durch. Anfangs wurden Autos entlang der Strecke angehalten, als das noch dichte Läuferfeld vorbei kam. Später haben die Autos freie Fahrt, aber die wenigen Autos stellen keine Gefahr für uns Läufer dar. Höchstens für Alexandra, denn ihre Freundin begleitet sie mit dem Auto und da kann die Versuchung, spontan aufzugeben, schon mal groß sein. Aber je länger wir zusammen laufen, um so mehr will sie es jetzt auch schaffen, Magenschmerzen hin oder her. 35 km liegen hinter uns und in Arzl gibt es wieder eine willkommene Dusche.

Es geht noch weiter bergab. Auf der Brücke über den Inn sehen wir eine Gruppe beim Rafting. Wenig später geht es beim Kreisverkehr Pitztal Einfahrt nach links auf die letzten Bergabkilometer. In Brennbichl kurz vor Imst beginnen nun die Strapazen. Die Strecke beginnt leicht anzusteigen und die Hitze macht mir jetzt zu schaffen. Allerdings hatte ich bis dahin das Polster trotz Rücksichtnahme auf Alexandra genügend angesammelt, für die geplante 4:41er Ziel-60 Zeit. So kann ich es mir leisten, von hier ab zu gehen. Alexandra hingegen ist beflügelt und läuft allein weiter. Fast hätte ich die 4:41 dann aber noch verpasst, denn das Ende zieht sich hin und dummer Weise ist das Ziel nicht etwa unter dem gelben Bogen, sondern noch einige Meter weiter. Ich gebe alles und stoppe bei 4:41:59. Würde die offizielle Zeitnahme auch dieses Ergebnis bringen? Sie bringt es, aber ich hätte es auch so geschafft, denn durch die Chipzeitnahme gibt es ja zur Nettozeit noch ein kleines Polster.

Außer der Medaille gibt es beim Zieldurchlauf auch noch eine Dose Red Bull, wie immer von einer jungen Helferin. Auch treffe ich hier Alexandra wieder, die durch ihren Alleingang auf den letzten Kilometern immerhin noch Platz zwei ihrer Altersklasse erreichen konnte. Wäre sie bei mir geblieben, wäre sie nur Dritte geworden.
Geehrt werden allerdings nur die jeweiligen Klassensieger. Für die Zukunft hat sich der Veranstalter vorgenommen, die ersten drei in jeder Altersklasse zu ehren.

Viele Grüße
 Michael Weber