Ich hatte zufällig von dieser Veranstaltung gehört und mal interessehalber im Internet gestöbert. Auf der Veranstalterhompage fand ich nicht viele Informationen, aber folgendes:
Wer kann mitmachen?
Mitmachen kann jede und jeder! Dabei sein ist alles, es kommt nicht darauf an, wie schnell und wie viele Runden man läuft!
Anmelden können Sie sich als Team oder als Einzelperson. Einzelpersonen können sich auch einem Team anschließen. Während der 24 Stunden muss nicht, aber sollte jeweils mindestens ein Läufer eines Teams auf der Laufbahn sein.
Auf der Seite standen auch die Ergebnisse des Vorjahres in der neben zahlreichen Teams auch drei Einzelpersonen in der Wertung waren, darunter die Extremsportler Thomas Wenning und Claudia Weber, die auch in der Teilnehmerliste für dieses Jahr zu finden waren. Somit war ja gemäß der Zählordnung erfüllt, dass mit mir mindestens drei Teilnehmer als Einzelläufer teilnehmen. Als weiterer Einzelläufer hat sich dann auch mein ehemaliger Kollege Hans-Jürgen Groesz angemeldet, der hier "nur" über die Marathondistanz laufen wollte. 

Bis 13:00 Uhr sollten die Teilnehmer ihre Startunterlagen holen, allerdings ging die Ausgabe dann doch erst nach 13:30 Uhr los, etwas knapp vor der Startzeit 14:00 Uhr. Teams bekamen eine größere Anzahl Transponder, um diese dann während der 24 Stunden unter den jeweils laufenden aufzuteilen, die Einzelläufer sollten ihren Transponder bis zum Schluß behalten. So konnte eigentlich nichts schief gehen. Mein Ziel war, möglichst lang, idealer Weise die kompletten 24 Stunden, durchzuhalten, mit ab und zu kurzen Pausen. Daher und auch wegen der Temperaturen, die am Nachmittag bei 26°C im Schatten hier in der prallen Sonne deutlich oberhalb der 30°C lagen, entschied ich mich, nur wenige Runden zu laufen, um dann konsequent nur noch zügig zu gehen.

Das klappte in den ersten Stunden ganz hervorragend und, obwohl es auf der 400m Tartanbahn immer nur im Kreis ging, auch psychisch problemlos. Wie immer hatte ich die Schuhe locker geschnürt und das führte dummer Weise dazu, dass sich die kleinen roten Gummiteile des Tartanbelages so nach und nach in meinen Schuhen ansammelten. War etwas unangenehm, aber nicht unbedingt störend. Ab und zu habe ich die Schuhe ausgeschüttelt, hielt aber immer nur für ein paar Runden. Thomas Wenning und Claudia Weber waren auf der Rundbahn nicht zu finden, hatten also von einer Teilnahme abgesehen. Es hatten sich aber noch ein Läufer und eine Läuferin als Einzelläufer nachgemeldet, die dann in eindrucksvoller Lockerheit Runde um Runde abspulten. Die Temperaturen schienen den beiden nichts auszumachen.

An Verpflegung gab es nur Mineralwasser und Bananen. Das war aber bekannt und daher hatte ich mir verschiedene Säfte, Cola und Energieriegel mitgebracht.   
Hans-Jürgen war laufend unterwegs und überrundete mich demzufolge des öfteren. Aber die Hitze und das Laufen im Kreis sind nicht seine Sache. Nach etwa 35 Kilometern wirft er das Handtuch. Für Abwechslung sorgten mit unter solche und ähnliche Verkleidungen sowie auf der Bühne vorwiegend jugendliche Bands. Gelegentlich hatte auch eine Märchenfee ihren Auftritt, womit aber vorwiegend die Kinder unterhalten wurden.
 
Überhaupt wurde für Kinder viel geboten, wie z.B. Golfspielen. Sehr viele jüngere Teilnehmer drehten fleißig ihre Runden, gönnten sich dann aber auch verdiente Pausen an diesem herrlichen Sommertag. Auf der Gegengeraden war ein Wasserschlauch angebracht, für viele eine willkommene Dusche. In den Abendstunden, so nach rund 7 Stunden habe ich die Marathondistanz erreicht. Das zügige Gehtempo hat mir bis jetzt kaum Kräfte geraubt, aber seit gut einer Stunde habe ich eine Blase am rechten Fuß, direkt unter der Ferse. Hatte ich nicht oft genug die Tartanstücke aus den Schuhen geschüttelt? Die Sanitäter halfen mir nicht: "Bei Blasen machen wir nichts" war deren Kommentar. Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Schmerz zu ertragen oder zu versuchen, ihn irgendwie zu lindern. Yusuf vom Lauftreff gab mir ein Blasenpflaster, doch das half nicht wirklich. Barfußlaufen auf dem Rasen habe ich versucht, wäre möglicher Weise auch gegangen, aber in den Kurven musste auf die Tartanbahn ausgewichen werden und das war für die bereits geschundenen Füße zu schmerzhaft. Schuhwechsel, zwei paar Socken übereinander. Nichts ließ ich unversucht, um den Schmerz zu lindern. Bis zu 17 Stunden liegen ja noch vor mir, sollte ich tatsächlich bis zum Ende durchhalten. 

Der Moderator Hubert Romer gibt alle paar Stunden den aktuellen Zwischenstand durch, jedoch meist nur die ersten 20 Plätze. Das sind die teilnehmerstarken Teams. Die wenigen Einzelläufer werden nicht genannt.
Das ärgert mich und so gegen 3:00 Uhr in der Nacht frage ich im Zeitnehmerzelt nach, warum nicht auch mal wir erwähnt werden. "Die Einzelläufer wurden dem Team Gemeinschaftserlebnis Sport & KMR zugeordnet, daher werden sie nicht einzeln gewertet" durfte ich dort erfahren. Was ist denn das? Einzelläufer waren erstens ausgeschrieben und wurden im vergangenen Jahr auch separat gewertet. Ich bestand darauf, für mich eine Einzelwertung durchzuführen, ansonsten würde ich sofort nach Hause fahren. Ok, diese Veranstaltung ist nicht mit einem normalen Wettkampf zu vergleichen, sondern der gute Zweck steht im Vordergrund. Dennoch wollte ich meine Leistung auch bestätigt haben. "Sie erhalten eine Urkunde mit den von ihnen  gelaufenen Runden" wurde mir versprochen. In der Tat sind diese ja über meinen Transponder im Zeitmesssystem erfasst.

Also laufe ich weiter, auch wenn die Blase am Fuß immer größer wird und ich bald nur noch mit dem Ballen und nicht mehr mit der Ferse aufsetzen kann. In der Nacht unterstützen uns keine Musikgruppen, aber es laufen Hits über den Lautsprecher, so dass es nicht langweilig wird. Die Strecke wird durch einige Scheinwerfer beleuchtet und auf Höhe der Bühne sorgen Lichtkegel für ein kleines Farbenspiel.
Und immerhin werde ich nun auch bei der Durchgabe der Zwischenstände hin und wieder erwähnt, stellvertretend für das Team Gemeinschaftserlebnis Sport & KMR. Es kühlt kaum ab in der Nacht. Bei einer kleinen Pause, zu der ich mich immer ins Auto am nahe gelegenen Parkplatz setze und von meinen mitgebrachten Säften trinke und einen Energieriegel zu mir nehme, zeigt das Autothermometer 19,5°C Außentemperatur. So laufe ich auch in der Nacht im kurzen Trägerhemd. 

Der 24-Stunden Lauf für Kinderrechte wird bereits zum dritten Mal ausgetragen. Auch in diesem Jahr kann er mit weiterem Wachstum für einen guten Zweck aufwarten.
Der Lauf wird vom Förderverein Kinderfreundliches Stuttgart e.V., dem Kinderbüro Stuttgart, dem Sportkreis Stuttgart und dem Stadtjugendring Stuttgart e.V. gemeinsam veranstaltet. Veranstaltungsort ist die Bezirkssportanlage in Stuttgart Degerloch.
2009 steht der Kinderrechte–Lauf unter dem Motto: „Recht auf Bildung für alle Kinder“. Mit den erlaufenen Spendengeldern sollen in diesem Jahr besonders Kinderhilfsprojekte unterstützt werden, die der Förderung und Bildung aller Kinder zugute kommen. „Bildung ist der Schlüssel für persönliche Lebenschancen, gesellschaftliche Teilhabe und berufliche Perspektiven."

Am frühen Morgen kurz nach Sonnenaufgang beginnt es dann zu regnen. Zwei Runden gehe ich noch, dann will ich im Auto das Regencape holen. Gerade dort angekommen, geht für rund 10 Minuten ein kräftiger Schauer runter. Danach ist Ruhe, es regnet nicht mehr. So brauche ich auch das Cape nicht und gehe weiter meine Runden. Der Vormittag vergeht sehr langsam, auch weil auf der Bühne nicht viel passiert und auch, weil im Vergleich zum Vortag nun wesentlich weniger Teilnehmer unterwegs sind. Nur wenige laufen, die Masse marschiert.

Irgendwann am Morgen habe ich dann die 250 Runden auf meiner Stoppuhr erfasst. Zur Kontrolle frage ich im Zeitnehmerzelt nach, ob über den Transponder das selbe Ergebnis ermittelt wurde. "Sie haben jetzt 235 Runden auf ihrem Konto" lautete aber die niederschmetternde Antwort. Das konnte nicht sein und so habe ich erst mal alle meine gelaufenen und gestoppten Runden ausgewertet. Hat mich eine halbe Stunde gekostet, aber bewiesen, dass ich richtig lag. Ursache war das Transpondersystem, das bei zwei oder mehr Läufern, die gleichzeitig ihren Arm über das Gerät führten, nur jeweils einen Transponder erfassen konnte. Zum Glück war der Veranstalter bereit, meine Runden entsprechend zu korrigieren.

Von Jahr zu Jahr steigt das Spendenbarometer beim Stuttgarter 24-Stunden-Lauf. Im vergangenen Jahr liefen auf der Bezirkssportanlage in Degerloch über 600 Menschen rund 9.200 km für Kinderrechte. Das waren fast doppelt so viele Läufer und Kilometer als beim ersten 24-Stunden-Lauf im Jahr 2007. Mit knapp 20.000 Euro Spendengeldern wurden 17 Kinderhilfsprojekte gefördert.
2009 wurden insgeamt 44.671 Runden, also 17.868,4 km gelaufen (sieht man mal von der Fehlerquelle bei der Rundenzählung ab). "Kinder haben das Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Unsere Aufgabe ist es, den Kindern zur Verwirklichung ihrer Rechte zu verhelfen. Unser Lauf soll dazu beitragen, diese Bedürfnisse der Kinder stärker ins Bewusstsein zu rücken“, so Roswitha Wenzl, Kinderbeauftragte der Stadt Stuttgart.

Beim 24-Stunden-Lauf fließt das „erlaufene“ Geld zu 100 Prozent in Stuttgarter Kinder­projekte. Eine unabhängige Jury entscheidet, welche Projekte unterstützt werden. Stellvertretend für die Teams werden zwei Teilnehmer jedes Teams zur Siegerehrung auf die Bühne gerufen. Auch ich darf dort hinauf, denn ich war mit meinen insgesamt 300 Runden oder 120 km der fleißigste Rundensammler. Sehr viele waren schneller unterwegs, haben aber auch nicht so lange durchgehalten.
Zum Abschluß mein geschundener blasengeplagter rechter Fuß nach dem Ende meines Laufs. Das eiförmige ist übrigens das Blasenpflaster, welches mit der Zeit ein Stück nach vorne gewandert war.


Grüße
  Michael Weber