Lauftreffkollegin Regina hatte sich zu ihrem Geburtstag gewünscht, dass ich sie in Antalya unter 5 Stunden ins Marathonziel führe. Zwar sind wir damals etwas zu schnell angegangen, aber mit 4:46 hat dieses Vorhaben dann doch hervorragend geklappt. Wenig später meldete sich Regina für den Königschlösser Romantik Marathon in Füssen an und meinte, wie wäre es, wenn du an deinem Geburtstag auch einen Marathon mit mir läufst? Nun, ich war schon mal in Füssen, aber da der Terminkalender für dieses Datum fast keine Alternative bietet, habe ich mich angemeldet.
Doch Reginas Fuß, der schon vor Antalya Probleme machte, will und will nicht ausheilen. So muss sie schließlich schweren Herzens diese Reise absagen. Ihr Mann Jürgen hatte für den Halbmarathon gemeldet, der bereits am Samstag Abend stattfindet. Bevor diese Anmeldung verfällt, haben sie ihn lieber mir geschenkt, eine Ummeldung war problemlos möglich.   

Dummer Weise ist dieser Samstag ein Hauptreisetag in diesem Sommer und die Straßen sind mehr als überfüllt. So kommen wir, das sind Gerd und ich, erst um kurz nach 17:00 Uhr im Hotel an. Dort ziehe ich mich sofort lauffertig um und wir marschieren los uur Startnummernausgabe. Im Festzelt treffe ich Clubmitglied Karl Wolfgang und Ex-Mitglied "Porsche" Günter. Auch hier, aber leider keine Clubmitglieder: Jochen und Nicole.Der 10 km Lauf ist während dessen im Gange. Den gewinnt bei den Herren mit neuem Streckenrekord von 30:50 Jonathan Koilege. Die Frauensiegerin Laura Zimmermann (77) läuft 40:32, die zweitplatzierte Nadine Hailer (122) 41:40 Minuten. Derweil läßt sich Gerd die Pasta schmecken.

Ich hatte dummer Weise im Internet zu oberflächlich gelesen und eine Startzeit von 18:00 für den Halbmarathon im Kopf. Daher die Hektik, die völig überflüssig ist, denn der Start erfolgt erst um 18:30 Uhr. Aber es ist kalt geworden. nur 12°C, daher wähle ich das lange Oberteil und eine Weste. Kurz vor dem Start beginnt dann auch noch der Regen. Das hätte nicht unbedingt sein müssen und das gab es, so der Sprecher, bei den bisherigen vier Halbmarathonläufen auch nicht.  Die ersten Meter gehen durch die Altstadt, vorbei an solchen interessanten Gebäuden. Da ist es auch nicht so schlimm, wenn der Kurs etwas wellig ist. Es geht auch hinaus, wie hier um den Mittersee.

Ende der zweiten von drei Runden überrundet mich die führende Frau. Elke Richter gewinnt den Halbmarathon in 1:26:51. Nicole ist ebenfalls im Halbmarathon gestartet, schafft es aber nicht ganz, mich zu überrunden. Sie wird Gesamtdritte in 1:31:25.  Ich erreiche das Ziel nach 2:12:36. Mir kam es aber darauf an, noch genügend Körner für den Marathon übrig zu behalten. Daher schnappe ich mir gleich nach dem Zieleinlauf einen Becher Erdinger alkoholfrei und hau mir noch schnell die Pasta rein. Es ist ja immerhin schon 21:00 Uhr. Immer die selben... Am nächsten Morgen treffe ich Ulrich und Renate.  Dann geht es auch schon gleich los, pünktlich um 7:30 Uhr. Die versprochene Sonne ist aber nicht da, dafür bleibt es aber wenigstens trocken, zumindest von oben.

Vor wochenfrist hat mich Günter ab km 28 begleitet. Es ist ja heute für ihn die Nr. 99. Ich lasse ihn aber ziehen, nach dem Halbmarathon bin ich nicht mehr so flott. Sorry Günter, aber der Fotoapparat ist noch nicht ganz wach. Karl Wolfgang läuft mein Tempo und so können wir uns über dieses und jenes unterhalten.  Renate ist auch auf unserer Höhe. Hey Fotoapparat, jetzt ist aber Schluß mit den unscharfen Fotos, bitte reiß dich zusammen. Wir verlassen Füssen und sind schon nach wenigen Kilometern in der Landschaft. Doch schon zwischen km 4 und 5 ein Schock: eine riesige Pfütze. Nasse Füsse lassen sich hier nicht vermeiden. Wäre bei höheren Temperaturen vielleicht nicht unangenehm, aber heute nicht unbedingt nötig. Dummer Weise führt der Streckenverlauf zwischen km 11 und 12 noch einmal hier entlang.   

Wir laufen um den Hopfensee. Mit der 216 ein Kollege vom Club Supermaratonieti Italiana. Wir haben uns vom Schock des Fußbades gerade erholt und genießen wieder die Strecke, da kommt es noch schlimmer. Zum Marathon hatten wir uns angemeldet, nicht zur Kneipp Kur. Alles Springen und Tänzeln nützt hier nichts. Wer anfangs vielleicht nur mäßig feuchte Füße bekommen hat, an dieser Stelle werden alle bis auf die Knöchel durchnässt.  Da gibt es keine Ausweichmöglichkeit, also kann man auch mitten durch. Im weiteren Verlauf lässt sich das Wasser aus den Schuhen schütteln.

Neben Seen gibt es auf diesem vorwiegenden Landschaftsmarathon auch viel Wald und gut ausgestattete Verpflegungsstationen. Was einem gereicht wird, tragen die Helfer mit großem Schild um den Hals, auch interessant. Bei km 16 ein erster kurzer Anstieg, bevor es leicht bergab zurück nach Füssen geht. Aber nicht ins Zentrum hinein sondern gleich in Richtung Foggensee. Im Hintergrund erkennt man schemenhaft das Schloß Neuschwanstein. Über eine Schleuse und dann ist die Halbmarathondistanz geschafft. Wie gestern habe ich an dieser Marke 2:12 auf meiner Uhr stehen. Publikum am Rande der Stecke gibt es nur im Zielbereich. Die Kühe, die ab und zu an der Strecke stehen, sind eher desinteressiert. 

Es geht weiter am Foggensee entlang und so langsam reißt der Himmel auf. Die Strecke ist unerwartet flach, das Höhenprofil summiert sich auf lediglich 90 Meter bergan und 90 Meter bergab.  Hier bei km 25 ist wieder so ein kleiner Anstieg und ich gönne mir hier eine - die einzige - kurze Gehpause. Karl Wolfgang muss ich leider ziehen lassen. Die Kulisse mit den vielen Seen ist auch bei diesem nicht gerade sommerlichen Wetter was für's Auge. Kurz vor der 30 km Marke geht es durch eine Unterführung, die komplett unter Wasser steht. Zum Glück ist die Feuerwehr aber gerade dabei, das Wasser abzupumpen und hat für uns Läufer einen Behelfssteg gebaut.

Man muss etwas aufpassen, denn hier kann man leicht ins stolpern geraten. Ich komme trotz Konzentration auf die Fotos ungeschoren durch. Die Sonne zeigt sich tatsächlich mal am VP bei km 30. Es geht vorbei an St. Coloman.
Der Kameramann ist fast immer zugegen, aber er interessiert sich nicht für das allgemeine Läuferfeld. Er hat nur einen speziellen Läufer im Auge, über den er eine Reportage dreht. Zufälliger Weise ist dieser für längere Zeit auf meiner Höhe. 

Km 32. Ab und zu kann man das Schloß Neuschwanstein für Sekundenbruchteile durch die Bäume erblicken. Ich erhoffe mir einen besseren Blick, der kommt aber leider nicht mehr. Km 33. Man hat einen guten Blick auf das Schloss Hohenschwangau.  Km 34 Souvenirgeschäfte, Parkplatz und Touristeninfo Schwangau. km 35 bis 37. Es geht um den Schwanensee. Wir laufen aus dem Wald heraus und wieder in Richtung Füssen. Vor uns liegt das Hohe Schloss Füssen.
Es geht über eine Brücke und dann laufen wir auf einem Teil der gestrigen Halbmarathonstrecke.

Hier an den Skisprungschanzen  und Tennisplätzen ist die 40 km Marke bereits passiert. Es läuft noch ganz gut und so gebe ich nochmal ein wenig Gas.  Dann ist das Ziel erreicht. 4:33 brutto bzw. 4:32 netto. Passen beide für den Ziel-60 Marathon.  Wie schon in Heilbronn bekommen wir die Medaillen von Damen in feschen Trachten überreicht. Karl Wolfgang hat ein paar Minuten Vorsprung auf mich herausgelaufen und wird als erster unseres Vereins im Ziel interviewt: "Was ist das eigentlich, der 100 Marathon Club?" Jetzt im Ziel zeigt sich die Sonne mal etwas länger. Das ist angenehm und rückt die Medaillen in das richtige Licht. Ich greife mir ein Erdinger alkoholfrei, Karl Wolfgang ebenso.

Aber es gibt noch reichlich Auswahl unterschiedlichster Geschmacksrichtungen und Farben. Dann ist auch Ludwig Georg im Ziel, der vom Sprecher als Professor angekündigt wird. Ihm galt die Aufmerksamkeit des Kamerateams. Ausgestrahlt werden diese Bilder übrigens im ZDF am 14. September nach dem Heute Journal. Mal seh'n, vielleicht hat man mich nicht komplett herausgeschnitten.  Auch Roberto hat das Ziel erreicht. Und was besagt dieser große gelbe Aufnäher? Dass er bereits mehr als 200 Marathons gelaufen ist? Könnte sein, denn er steht per 31.12.2009 mit 180 Läufen zu Buche. Ich gehe zum Parkplatz und da kommt schon Renate in Richtung Ziel. Sie ist wohl sehr gut drauf heute.

Einiges später kommt erst Ulrich, der ja normaler Weise immer vor mir im Ziel ist. Ich weiss nicht, was ihm passiert ist, aber beim Blick auf das Foto sieht er irgendwie lädiert aus. Noch während Läufer unterwegs sind, werden im Festzelt bereits die Siegerehrungen durchgeführt. Die Siegerzeiten bei den Herren und Frauen können sich sehen lassen: Titus Kipchumba Kosgei läuft Streckenrekord in 2:19:08, ebenso, wie seine kenianische Landsfrau Beatrice Jepkorir Rutto in 2:43:14.

Und dann wird der älteste Teilnehmer zur Ehrung gerufen, der aber noch nicht da ist. Ich also raus zum Parkplatz und da treffe ich ihn dann. "Heute ist es mal wieder gar nicht gelaufen", Gerds erster Kommentar. "Du wurdest als ältester Teilnehmer aufgerufen", berichte ich ihm. Schon kann er wieder laufen, denn diese Ehrung will er sich natürlich nicht entgehen lassen. Es gibt neben einem Käsekörbchen ein überdimensionales Weizenbierglas.
Im Anschluss folgt eine Tombola mit zahlreichen Preisen. Wie üblich gehe ich dabei leer aus. Und Geburtstagskinder sind hier keiner Erwähnung wert. Spaß gemacht hat es aber trotzdem.

Viele Grüße
 Michael Weber