Nach über zwei Jahren endlich wieder eine Laufreise!
Eigentlich hatte unser „african friend“ Brent Weigner (inzwischen ist er in 180(!) Ländern einen Marathon gelaufen)  bereits im Juni 2021 zu einem Marathon-Wochenende in El Salvador und Nicaragua geladen. Damals war aber die Einreise in El Salvador nicht möglich und in Nicaragua konnte er krankheitsbedingt nicht laufen. Also hat er seine Einladung für Juni 2022 wiederholt. Da wir Brent ganz gut kennen, haben wir angefragt, ob es auch Mitte Juni möglich wäre, da wir wegen einer bereits avisierten (und unverschiebbaren) Familienfeier Anfang Juni nicht teilnehmen könnten. Unser Kumpel Brent war verständnisvoll und terminierte auf das dritte Juniwochenende. Nun ging in der eigens angelegten Whatsapp-Gruppe der Punk ab. Diverse internationale Lauffreunde bekundeten ihr Interesse, sowohl aus den einschlägigen Gruppen wie dem Country Marathon Club oder den Marathon Globetrotters, aber auch andere Läufer aus Brents Bekanntenkreis.
Im November 2021 waren wir soweit, unsere Flüge zu buchen, nachdem wir eine Kombi mit Mexico  wegen Unkalkulierbarkeit aufgegeben hatten. Gerade hatten wir gebucht, fragten die ersten Interessenten, was denn passieren würde, wenn der Transferflug von San Salvador nach Managua ausfallen würde. Der RD meinte, dann laufen wir eben Montag morgen: „spannender“ Vorschlag, denn das war unser Rückflugtag. Im Mai fragte unser dänischer Laufkumpel Klaus, wo wir wohnen würden, weil er ebenfalls eher günstigere Hotels bucht, als der RD, der gern die 5-Sterne-Variante wählt. Dann kam die Thematik auf, dass man zur Einreise nach Nicaragua einen maximal 72 Stunden alten PCR-Test benötigt: prima, zu diesem Zeitpunkt wären wir bereits auf dem Hinflug. Das mussten wir also in El Salvador erledigen. Im Mai erreichte uns „zufällig“ die Information, dass der AirFrance-Partner nicht mehr die Strecke Panama City – San Salvador anbieten würde. Air France hat uns dann auf einen Flug nach Los Angeles und weiter nach San Salvador umgebucht. Klasse, 3.000 zusätzliche Flugkilometer und Ankunft statt Mittwoch abend 22 Uhr, Donnerstag morgen um 6 Uhr. Da kommt Freude auf, zumal nun auch die ESTA-Anmeldung für die USA erforderlich war. Und das Problem, dass einer meiner Vornamen im Flugticket fehlte. Trotz vielfacher Telefonate mit dem Reisebüro und der Fluggesellschaft war keine Seite bereit, das zu ändern. Erst als ich in Los Angeles das Ticket nach San Salvador in der Hand hatte, glaubte ich, dass es klappen würde. Bis dahin sorgte jedes Boarding und jede Passkontrolle für eine erhöhte Anspannung. Zu guter Letzt irritierte eine amerikanische Läuferin die Gruppe mit der Information, dass San Salvador unter den zehn gefährlichsten Städten der Welt rangierte, mit dem Quotienten aus Morden je 100.000 Einwohner. Nach über 24 Stunden Reisezeit (frühes Erscheinen am Hamburger Flughafen wegen langer Warteschlangen an den Sicherheitskontrolle wurde dringend empfohlen) saßen wir nun im Taxi zu unserem Hotel und quälten uns durch den morgendlichen Berufsverkehr. Nach der Ankunft trugen wir unser Handgepäck (wg. der vielen Umsteigeflughäfen und der aktuell bestehenden Unsicherheit, ob das eigene Aufgabegepäck mitfliegt und wo es landet, hatten wir auf Koffer verzichtet) ins Zimmmer und kümmerten uns mit der Rezeptionistin um die Buchung des PCR-Tests. Als das erledigt war, frühstückten wir. Dann fuhren wir zum PCR-Test, kauften an einem Kiosk eine lokale SIM-Karte und liefen im Regen zurück zum Hotel und legten uns schlafen. Am nächsten Morgen kam der Däne an und absolvierte dieselbe Prozedur. Als er wieder da war, buchten wir ein UBER-Taxi und fuhren auf den Vulkan in Stadtnähe. Dummerweise hatte meine SIM-Karte keine SMS-Guthaben, so dass der Bestätigungscode für die Buchung immer an Doris‘ Handy geschickt werden musste. Ich war jetzt schon gespannt auf die heimische Telefonrechnung (waren übrigens nur 2,40 EUR mehr. Glück gehabt!). Das hatte ich bei den Erläuterungen der Verkäuferin wohl „überhört“. Um zum Vulkan zu kommen, mussten wir einen exotischen Park durchqueren und versuchten anhand der Lagepläne abzuschätzen, was wohl der kürzeste Weg war. Als wir nach 5 Minuten am nächsten Schild ankamen, hatten wir bereits den halben Weg zurückgelegt. War also eine übersichtliche Strecke. Nach Blick auf den Vulkankrater ging`s zurück in die Stadt. An der ersten Kreuzung bergab war eine Bushaltestelle und kurz darauf erschien der Bus. Für 50 US-Cent durften wir mitfahren. Leider bog er in der Stadt in die falsche Richtung ab, so dass wir doch noch mal UBER bemühen mussten. Der kleine Shop neben dem Hotel hatte wg. Feiertag geschlossen, aber die Eigentümer hatten Mitleid und verkauften uns Cola und Wasser als Marathonverpflegung für den kommenden Tag. Danach Nudelessen in Hotelnähe und von dort weiter zur Vorbesprechung vom Veranstalter. Anwesend 25 Läufer aus Deutschland, Dänemark, USA, Ungarn, Nigeria, England, Polen, Thailand – große Wiedersehensfreude nach dem letzten größeren Zusammentreffen im Februar 2020 im Senegal. Die Startnummern und Medaillen für beide Läufe werden verteilt. Der Lauf findet in einem großen Park statt mit einer ca. 3km-langen Runde 14-mal zu Durchlaufen. Treffen um 5:30 Uhr, kurz nach dem Sonnenaufgang. Am Lauftag ist es leicht regnerisch, aber zum Glück ist die Strecke nicht allzu matschig. Die Wolken haben den Vorteil, dass es nicht ganz so warm ist. Die erste Runde laufe ich mit dem lokalen Vertreter, der danach aussteigt, so dass ich mit Frank aus Frankfurt weiterlaufe. Der Park bietet herrliche Eindrücke der lokalen Pflanzenwelt und macht klar, dass man besser auf den Wegen bleiben sollte, um nicht „verloren zu gehen“. Nachdem Doris und Klaus gefinisht hatten, fuhren wir zurück ins Hotel, zum Duschen, Packen, Pizzaessen und dann spät nachmittags zum Flughafen. Denn es musste noch heute weiter nach Nicaragua gehen. Zwar ohne Berufsverkehr, dafür mit zwei Unfällen, kamen wir rechtzeitig am Flughafen an. War auch wieder notwendig, da auch diesmal keine Bordkarten vorab ausdruckbar waren. Als wir am Gate saßen, schickte ein thailändischer Teilnehmer einen Ausflugstipp zu einem aktiven Vulkan nahe Managua. Die Tour haben wir dann direkt vom Flughafen für den nächsten Abend gebucht. Und so haben wir eine der zehn gefährlichsten Städte der Welt ohne Gefahrensituationen wieder verlassen können. Nach der Ankunft in Managua waren wir uns nicht sicher, ob unsere Einreiseanmeldung überhaupt angekommen war, denn die Beamtin nahm alle Information nochmals auf. Das PCR-Testergebnis wurde dort übrigens nicht kontrolliert: na ja, war für 75 US-Dollar pro Person quasi ein Schnapper. Als wir um kurz vor Mitternacht im Hotel ankamen, wurde es spannend. Denn die Rezeptionistin wollte die Rechnung abkassieren, aber nicht (wie gebucht) per Kreditkarte, sondern in bar. Nach Telefonat mit dem Eigentümer wurde das allerdings auf den nächsten Tag verschoben – und sie brachte uns noch schnell das Frühstück (auf Bitte unseres dänischen Lauffreunds) aufs Zimmer. Kurze Zeit später, um 4 Uhr klingelte der Wecker, denn Start sollte wieder um 5:30 Uhr sein. Wir mussten zwar nur 10 Minuten dorthin gehen, waren aber noch schneller, weil die Rezeptionistin uns geraten hatte, im Dunkeln besser keine Wertgegenstände dabei zu haben. An der Hauptstraße vor dem Abzweiger zum Veranstalterhotel standen einige Leute auf der Straße: waren aber keine Bedrohung, sondern vielmehr die örtlichen Veranstalter, die Brent ins Boot geholt hatte. Die zählten die Runden, stoppten die Zeit, reichten Verpflegung und füllten diese wieder auf und fotografierten. Die 3,5km-lange Runde führte die 15 Läufer durch die Stadt, teilweise profiliert. Auch heute war es regnerisch, zweimal gab es Platzregen bei dem teils die Straßen überschwemmt wurden. Heute durfte ich mit Samuel aus Nicaragua laufen, der mir die verschiedenen Sehenswürdigkeiten erklärte. Hamburg war ihm bekannt. Er fragte nach Hapag-Lloyd  und dem früheren Mitbesitzer von Kühne+Nagel, der hier Holz einkauft und nach Europa verschifft. Er stellte mir Carlos vor, der über 200m und 800m an den Paralympics in Tokyo  teilgenommen hatte. Der überholte uns zweimal und gewann den Lauf überlegen. Samuel selbst war bislang maximal Halbmarathon gelaufen und lief lange Zeit vor mir her. Zur Hälfte wurden meine Beine schwerer, die tropfnassen Schuhe machten die Sache auch nicht einfacher. Zumindest den 400m langen Anstieg direkt zu Rundenbeginn ging ich jetzt. Samuel blieb an meiner Seite oder wartete an der nächsten Ecke, wenn ich mich mit einem anderen Teilnehmer unterhielt. Die letzten zwei Runden war Samuel dann verständlicherweise platt und wir gingen diese zusammen, denn es war mein Ziel, dass Samuel sein Marathon-Debut finisht. Entsprechend glücklich war er. Nach dem Lauf zog ich trockene Sachen an und besichtige das Regierungsviertel und die Innenstadt. Überraschend, wie sehr hier seit der sozialistischen Revolution 1979 der Staat und die Regierungspartei immer noch verwoben sind. Leider erst nach Doris‘ Zieleinlauf war ich wieder zurück. Dann warteten wir noch auf Klaus und gingen zurück zu unserem Hotel – bei Tageslicht war die Gegend dann doch nicht mehr so „gefährlich“. Nach der Dusche aßen wir im Rezeptionsraum zu Mittag und freuten uns auf unseren Vulkan-Ausflug am Abend. Dummerweise machte uns der Veranstalter Angst, weil Wolken angekündigt wären. Wir ließen uns nicht irritieren und gingen zum Treffpunkt. Zum Glück, denn der Himmel klarte auf und mit erfreulich wenig anderen Besuchern konnten wir die Lava glühen sehen: sehr beeindruckend. Am nächsten Morgen standen wir früh auf und gingen bei Sonnenschein nochmal zusammen in die Innenstadt, die gleiche Tour, die ich am Vortag nach dem Lauf gegangen war. Im Gegensatz zum Vortag war ich nach 1 Stunde durchgeschwitzt, denn diesmal war die Temperatur deutlich höher und das schon morgens. Bei unserer Rückkehr hatte Klaus nun auch ausgeschlafen und wir bestellten uns jeweils eine doppelte Portion Frühstück. Danach fuhren wir zum Flughafen, um die 21-stündige Rückreise anzutreten. Wir hatten die Boardingkarten bereits in der Hand, als der Mitarbeiter hinter uns herkommt, um nochmal etwas zu kontrollieren. Es blieb also bis zum letzten  Moment spannend – nach einigen Minuten bekamen wir unsere Unterlagen zurück: alles OK. Somit ging es mit 2 Medaillen und 2 Länderpunkten im Gepäck via Panama und Paris nach Hause.

Kommentare

Submitted byWerner.Kerkenbusch on Mo., 18.07.2022 - 16:38

Wow, was für ein Abenteuer! Da muss man Nerven wie Drahtseile haben. Glückwunsch auch an Doris.
Viele Grüße aus Oberhausen
Werner

Submitted bymaralöpare on Mi., 20.07.2022 - 17:20

Liebe Doris und Mario,
spannender kann eine Laufreise wohl kaum sein! Aber, die Ruhe zu bewahren war in diesem Fall die einzige Option. Glückwunsch zum Finish! Ich freue mich schon auf den nächsten Laufreisebericht!
Liebe Grüße
Gunla